So unterschiedlich auch die Ansprüche an eine Gestaltung sein können – die Basis einer jeden Gestaltung beruht auf allgemein gültigen Regeln. Wir haben drei Gestaltungsregeln entwickelt, die bei jedem Design gültig und hilfreich sind und die Grundlage der Gestaltung bilden. Die erste Regel Blickfang setzen und die zweite Regel Gruppen bilden haben wir bereits besprochen. Heute folgt die dritte Regel, die lautet Wiederkennung schaffen.
Videotutorial
Der Wiedererkennungswert bedeutet Sicherheit
Vorgänge, die durch Gewohnheiten hervorgerufen werden, benötigen keine langen Überlegungen. Sie geschehen einfach, fast reflexartig. Wir müssen nicht überlegen, wir reagieren automatisch. Solche Vorgänge geschehen sehr viel schneller als die, bei denen wir erst bewusst eine Entscheidung treffen müssen. Dabei spielt es keine Rolle, ob wir regelmäßig zu einem bestimmten Produkt greifen oder ob wir jeden Morgen auf der Startseite rechts oben die blau hinterlegten Wirtschaftsnews überfliegen – wir erkennen ein Produkt oder eine Information wieder, und fühlen uns damit wohl.
Wie entsteht der Wiederkennungswert?
Wiedererkennung schaffen gelingt durch Wiederholung. In monatlich erscheinenden Magazinen oder der Nachrichtenseite im Internet sind die Interviews immer blau hinterlegt; die Infokästen orange und der Autorname immer in kursiver Schrift. Somit weiß der Leser beim Aufschlagen des Heftes oder beim Öffnen der Website genau, wie er sich orientieren kann. Er fühlt sich sicher, weil er sich auskennt. Er kann Informationsarten anhand von optischen Merkmalen sofort zuordnen.
Die Kampagne „Print wirkt“ zeigt eindrucksvoll, wie stark gestalterische Elemente wie Schriftart und Farbe bzw. Raumaufteilung und deren kontinuierliche Wiederholung Assoziationen beim Betrachter hervorruft.
Das Logo als Teil der Wiedererkennung
Mit dem Begriff Wiedererkennung verbinden sicher alle Gestalter schnell das Logo, ein Paradebeispiel für die Bedeutung von Wiedererkennung in der Werbung. Das Logo als Erkennungsmerkmal eines Unternehmens ist Teil des visuellen Erscheinungsbildes. Ziel ist es, dass der Kunde das Unternehmen anhand des Logos erkennt. Diese Wiedererkennung funktioniert mit einem grafischen Zeichen weitaus einfacher als mit Text, da das Logo über eine Signalwirkung verfügt und sich leichter einprägen lässt.
Gut eingeführte Logos funktionieren auch ohne Text bzw. Firmennamen – die Wiederholung macht’s.
Medienübergreifenden Wiederkennungswert schaffen
Die Bedeutung von Wiedererkennung geht aber noch viel weiter, und genau genommen begegnen wir Gestalter ihr täglich, auch wenn wir nicht jeden Tag ein Logo gestalten. Wiedererkennung schaffen heißt nämlich auch, medienübergreifend so zu gestalten, dass eine Verbindung sichtbar ist. Wer im Corporate Design arbeitet, weiß, dass es nicht genügt, auf die Visitenkarte, das Briefpapier und den Flyer „nur“ das Unternehmenslogo zu platzieren. Wir müssen so gestalten, dass alle zusammengehörigen Produkte optisch als zusammengehörend erkannt werden können. Gestaltungen wie Produktblätter, die in eine Kategorie gehören bzw. inhaltlich vergleichbare Informationen vermitteln, sollten gleich gestaltet sein. So muss die Visitenkarte zum Briefpapier, Flyer, Jahresbericht, Messestand und zur Website passen, damit wir Wiedererkennung schaffen.
Der Einsatz des Logos in der Praxis
Das Logo muss nicht auf jedem Produkt in der gleichen Größe und an der gleichen Stelle auftauchen. Wichtig ist, dass es auftaucht. Der Betrachter nimmt es aber auch wahr, wenn es nicht in vorderster Front groß zu sehen ist, sondern vielleicht nur aufgehellt im Hintergrund liegt. Oder wenn nur Teile davon zu sehen sind. Sie können also guten Gewissens mit der Größe und der Deckkraft spielen. Die Farbe sollte allerdings möglichst unverändert verwendet werden, da Farbe ein starker Indikator für die Wiedererkennung ist. Einige Unternehmen verfügen in ihrer Corporate Identity standardmäßig über zwei oder drei Farbvarianten, die dann in jedem Fall ausreichen sollten.
Ein klares Logo lässt sich auch in abgewandelter Form verwenden und führt trotzdem zum Wiedererkennungseffekt.
Wiederkennung schaffen innerhalb einer Gestaltung
Das Prinzip der Wiedererkennung innerhalb eines Gestaltungsobjekts wird häufig unterschätzt, ist aber auch elementar. Auch innerhalb eines Mediums sollte der Betrachter die Logik von Gestaltungselementen nachvollziehen können. Klar, in einem Magazin sollten alle Artikel nach dem gleichen System aufgebaut sein, sodass spätestens nach dem dritten Artikel leicht ersichtlich ist, wie die Infobox aussieht und wo die Zusatzinfos platziert sind. Wir können die Bedeutung von Wiederholung aber noch weiter herunterbrechen, sogar auf eine einseitigen Gestaltung. Denken Sie nur an wiederkehrende Farben oder Aufzählungszeichen – wie würde es auf den Betrachter wirken, wenn alle fünf Aufzählungspunkte unterschiedlich aussehen würden.
Bausteine der Wiederholung
Um Wiederholung zu visualisieren, haben wir viele Möglichkeiten. Ganz vorn steht sicherlich die Farbe, die einen großen Baustein bei der Wiedererkennung darstellt – und zudem auch noch die emotionale Ebene anspricht. Neben der Farbe ist die Schrift ein bedeutendes Element in der Gestaltung – und somit auch bei der Wiedererkennung, und nicht umsonst sind Farbe und Schrift in jedem Corporate Design-Handbuch vertreten. Dabei ist es nicht nur die Schriftart, sondern auch die Schnitte, Größen und eventuelle Eingriffe in die Laufweiten oder Zeilenabstände, die durch regelmäßige, wiederkehrende und konsistente Anwendung zur Wiederkennung beim Betrachter führen. Und nicht zuletzt sind es alle weiteren grafischen Elemente und Stilmittel wie grafische Figuren, Formen, Unterstreichungen, Farbhintergründe oder Linien, die das Gesamtbild formen. Das führt zum nächsten Punkt:
Wiedererkennung schaffen durch klare Gestaltung
„Ein Zeichen ist gut, wenn man es mit dem großen Zeh in den Sand kratzen kann“, hat Kurt Weidemann gesagt. Das trifft nicht nur auf ein Logo zu. Auch ganze Gestaltungen sind gut, wenn sie einprägsam sind. Und einprägsam kann nur sein, was klar ist – Ausnahmen bestätigen die Regel.
Mehr zum Thema Gestaltungsregeln finden Sie hier:
Regel #1: Blickfang setzen: So werden Flyer und Co. zum Eyecatcher
Regel #2: Gruppen bilden: Zusammenhänge sichtbar machen und freie Räume nutzen
Regel #3: Der Wiedererkennungswert – die Wiederholung als Gestaltungsmittel (dieser Artikel)
Bildquellen: Arek Sochay, mohamed Hassan, seagul via Pixabay
Credits: Es gestaltet und spricht Claudia Korthaus (Typostil).