Teil 1: Typografie – Grundlagen
Teil 2: Typografie – Geviert und Kegel (dieser Artikel)
Teil 3: Typografie – Dickte
Teil 4: Typografie – Serifen
Teil 5: Typografie – Punzen
Teil 6: Typografie – Ligaturen
Teil 7: Typografie – Glyphen
Teil 8: Typografie – Laufweite
Teil 9: Typografie – Kapitälchen
Teil 10: Typografie – Versalien
Teil 11: Typografie – Zeilenabstand
Teil 12: Typografie – Registerhaltigkeit
Teil 13: Typografie – Textausrichtung und Zeilenlänge
Teil 14: Typografie – Blocksatz
Teil 15: Typografie – Einzug
Teil 16: Typografie – Initial
Teil 17: Typografie – Hurenkind/Witwe
Teil 18: Typografie – Schusterjunge
Zu Beginn unsere Typografie-Serie beschäftigten wir uns mit den Grundlagen von Schriften, inklusive Tipps für eine optimale Wirkung und Zweck. Im zweiten Teil sehen wir uns den Kegel und das Geviert genauer an. Wenn Sie sich nun fragen, warum Sie sich mit dem angestaubten Bleisatzzeug rumschlagen sollen, dann hat das einen einfachen Grund: Denn bestimmte Begriffe, Einheiten und Strukturen stammen aus dem Zeitalter des Bleisatzes, sind jedoch im digitalen Schriftsatz ebenfalls noch exakt genauso gültig. Wer also für eine bessere Lesbarkeit Zahlenkolonnen mit einem Drittelgeviert unterteilt, bekommt nicht nur den imaginären Lesbarkeitsverdienstorden, sondern weiß künftig auch, wie groß die verwendeten Räume sind.
Maßeinheit Geviert
Ursprünglich bedeutete der Begriff ganz einfach Quadrat oder Rechteck. Ein Geviert ist eine Maßeinheit in der Typografie, bei der Breite und Höhe gemäß eines Quadrats identisch sind. Mit seiner Größe werden zum Beispiel Wortabstände, Leerräume oder auch Striche wie der Geviert- oder der Halbgeviertstrich bemessen und bezeichnet. Das Besondere an seiner Größe ist – sie ist relativ. Die „eine“ Geviertgröße gibt es nicht. Das Geviert ist also nicht 12, 14 oder 20 Punkt groß, sondern so groß wie der zugehörige Schriftkegel.
Metallkörper Kegel
Womit wir beim zweiten Begriff sind, dem Kegel. Der Schriftkegel ist ein nicht druckender Metallkörper, der das zu druckende Zeichen trägt. Im Bleisatz ist der Kegel oben sowie unten etwas größer als das eigentliche Zeichen. Diesen nicht druckenden Bereich über und unter dem Zeichen nennt man Fleisch.
Während die Kegelhöhe innerhalb eines Schriftgrades immer gleich ist, variiert die Breite abhängig vom Zeichen. Der Kegel eines großen „W“ oder „M“ kann je nach Schrift quadratisch sein; der Kegel eines „l“ oder „f“ ist dementsprechend schmaler, die Höhe ist jedoch immer gleich. Somit sorgt die Kegelhöhe im Bleisatz für den Mindestzeilenabstand; im digitalen Zeitalter gibt es diese Begrenzung nicht mehr. Die Kegelhöhe gibt es jedoch immer noch, denn sie definiert weiterhin die Geviertgröße.
Berechnung des Gevierts
- Das Geviert entspricht in seiner Breite und Höhe dem Kegel der Schrift
- Bei einer 12-Punkt-Schrift misst die Kegelhöhe 12 Punkt (somit erklärt sich auch die meist etwas kleinere Schriftgröße, da es noch das Fleisch oben und unten gibt)
- Ergo entspricht ein Geviert bei einer 12-Punkt-Schrift gleich 12 Punkt
Wozu wir das wissen sollten?
- Sie müssen sich künftig nicht mehr wundern, warum die messbare Größe Ihrer Schrift nicht so groß ist wie die eingegebene. Sie definieren nämlich in den Satz- oder Layoutprogrammen nicht die Schriftgröße, sondern die Kegelgröße. Hier gibt es dann noch die kleine Unbekannte, das Fleisch.
- Auf Basis der Maßeinheit Geviert entstehen verschiedene Größen, die Sie im professionellen Satz benötigen. So gibt es das Halbgeviert, auf dessen Breite beispielsweise häufig Tabellenziffern beruhen. Der Halbgeviertstrich ist ein Gedankenstrich in der Breite eines Halbgevierts. Es gibt das Viertelgeviert und das Drittelgeviert, beides Breitenangaben, mit denen häufig Zahlen gegliedert oder andere Freiräume geschaffen werden. Das Geviert wird gerne als Empfehlung für die Größe eines Texteinzugs oder auch für die Breite von Textspaltenzwischenräumen verwendet.
- Wenn Sie die Laufweiten von Schriften verändern und Schriften sperren oder unterschneiden, also die Abstände der Buchstaben erhöhen oder verringern, arbeiten Sie jedesmal auf Basis eines Gevierts. Wenn Sie beispielsweise in Adobe InDesign die Laufweite bzw. das Kerning ändern, geben Sie einen Zahlenwert ein. Dieser Zahlenwert basiert auf dem Geviert, das in 1/1000 Einheiten geteilt wird.
Ein kleines Rechenbeispiel: Eine Schriftgröße von 12 Punkt und eine Eingabe von 50 Einheiten bedeutet, dass Sie die Abstände der Schrift um 0,6 Punkt erhöht haben (12:1000 x 50).
Im nächsten Teil der Typografie-Serie geht es um die Dickte. Mehr zum Thema Typografie finden Sie in unserer Kategorie „Kostenlose Schriften & Fonts“.
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