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Geschichten sind so alt wie die Menschheit. Sie wecken Aufmerksamkeit und ziehen in den Bann. Deshalb spielen sie im Marketing schon lange eine wichtige Rolle. Sogar schon so lange, dass einige der ersten großen Storyteller aus dem B2C-Bereich (wie beispielsweise Coca-Cola) der beliebten Kommunikationsmethode bereits wieder den Rücken zukehren, um sich verstärkt auf das eigentliche Produkt zu konzentrieren.

Im Gegensatz zum Storytelling für B2C, befindet sich die Methode im B2B-Bereich jedoch eher noch in den Kinderschuhen. Es gibt einige – meist sind es Konzerne – , die dieses Marketinginstument bis zur Perfektion für sich nutzen. Doch viele kleinere und mittelständische Unternehmen halten sich im Marketing ausschließlich an die Kommunikation von Zahlen und Fakten. Das ist nicht nur dröge, sondern auch wenig einprägsam.

Inhaltsverzeichnis

Was eine kleine Story in dieser Hinsicht bewirken kann, kennen wir zum Beispiel von den Tricks, mit denen sich mehrstellige Zahlen leichter merken lassen. Nach dem Zahl-Symbol-System ordnet man jeder Ziffer ein bestimmtes Bild zu. Aus diesen einzelnen Bildern entsteht eine Geschichte, in der jedes Symbol in der Reihenfolge erscheint wie die entsprechende Ziffer in der mehrstelligen Zahl.

Storytelling-B2B_Gehirn

Dieses Prinzip nutzen viele Mathematiker – und die stehen nicht gerade im Ruf, große Fabulierer zu sein. Sie sind vielmehr ausgewiesene Zahlenmenschen. Dass sie sich lange Reihen von Ziffern am besten mit Hilfe von Geschichten merken können, liegt am Aufbau unseres Gehirns. Dazu gleich mehr im folgenden Abschnitt. Unsere Denkprozesse sind auch nur einer der Gründe, warum Storytelling für B2B sinnvoll ist.

Warum sich Storytelling im B2B-Bereich lohnt

Weithin herrscht immer noch in vielen Unternehmen die Meinung, dass für Geschäftskunden nur Fakten wünschenswert seien. Doch diese Denkweise ändert sich allmählich. Gut so, denn viele weitere Aspekte sprechen für den Einsatz des Storytellings auch im B2B-Bereich:

  • Auch Geschäftskunden sind Menschen, die trotz aller Rationalität für Emotionen empfänglich sind, die über gut gemachte Geschichten transportiert werden.
  • Mitunter sind die Entscheider nicht vom Fach. Der Einkäufer beispielsweise ist zwar im Groben mit der Materie vertraut, besitzt aber nicht den gleichen tiefgreifenden Einblick wie die Ingenieure des Unternehmens. Ihm kann eine Story den Kontakt erleichtern. Für den Abschluss sind dann natürlich auch die Preise entscheidend.
  • Es ist von Vorteil, wenn B2B-Marketing auch die breite Masse anspricht. Entsprechende Inhalte verbreiten sich dadurch besser und erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass auch relevante Entscheider davon erfahren.
  • Selbst wer ständig rationale Entscheidungen treffen muss, schätzt einen gewissen Unterhaltungswert. Denn es ist auch für Fachleute angenehmer, die Produkte der Firma XY nicht nur in der Datentabelle vorzufinden, sondern sie im Rahmen einer gut erdachten Story zu erleben.
  • Eine passende Geschichte sorgt dafür, dass sich Unternehmen in hart umkämpften Märkten von der Konkurrenz abgrenzen. Wo alle mehr oder weniger das Gleiche anbieten, ist entscheidend wie dieses Gleiche präsentiert wird.
  • Mit einer Geschichte lassen sich Abläufe und Zusammenhänge anschaulicher erklären als mit einer sachlichen Beschreibung.
  • Unser Gehirn reagiert, wie bereits erwähnt, auf Geschichten wesentlich kooperativer als auf reine Zahlen. Durch eine Story werden die Bereiche aktiviert, die für Assoziationen zuständig sind. Das bedeutet zweierlei: Der Empfänger versteht schneller und startet sein eigenes Kopfkino. Das Erzählte wird mit eigenen Erfahrungen verknüpft, sodass eine gewisse Vertrautheit entsteht. Das dabei ausgeschüttete Wohlfühlhormon Oxytocin verstärkt den positiven Effekt.

Wie funktioniert Storytelling für B2B-Unternehmen?

Zuallererst braucht es natürlich einen Grund, eine Geschichte zu erzählen. Die beste Story verpufft wirkungslos, wenn das Produkt, auf das sie hinführt, nicht die geweckten Erwartungen erfüllt. Im schlimmsten Fall fühlen sich die (potenziellen) Kunden sogar getäuscht und reagieren entsprechend verärgert.

Storytelling-B2B_Produkt-Leistung

Das Angebot des Unternehmens muss also absolut den erforderlichen Qualitätskriterien entsprechen. Ist dies nicht der Fall, steht erst eine Optimierung des Produkts oder der Dienstleistung an, die im Mittelpunkt der Geschichte stehen soll. Dieser Verbesserungsprozess kann unter Umständen sogar in die spätere Story mit einfließen.

Die Story muss mehrere Kriterien erfüllen:

  • Sie muss zum Unternehmen passen und die Zielgruppe erreichen.
  • Auch bei einem hohen Unterhaltungswert soll sie seriös sein.
  • Sie muss Emotionen wecken.
  • Sie soll so gut sein, dass sie im Idealfall weiterverbreitet wird.

Das klingt alles sehr theoretisch, weswegen wir uns den folgenden Abschnitten der praktischen Umsetzung zuwenden.

Storytelling-B2B_Schatztruhe

Wie findet man gute Geschichten?

Gerade im B2B-Bereich liegen viele Geschichten – wenn auch oft im Verborgenen. Sie warten jedoch nur darauf, erzählt zu werden. Wenn man einmal angefangen hat nach ihnen zu schürfen, wird man ständig auf neue Anknüpfungspunkte stoßen, die für das Storytelling im B2B genutzt werden können.

1. Historie

Der Inhaber führt das Geschäft bereits in der fünften Generation. Das liefert Stoff für Hinweise auf die frühe Entstehung der Firma und anrührende Anekdoten. Doch selbst wer nicht auf eine imposante Unternehmensgeschichte zurückblickt, kann mit historischen Aspekten punkten. Eventuell hat das Kernprodukt des Hauses eine alte Tradition oder man setzt mit einem neuartigen Service einen Meilenstein (oder auch nur einen Punkt) in einer langen globalen Entwicklung.

Beispiele:

Der Hersteller von speziellen Schrauben erzählt, wie alles begann – mit Urgroßvater Heinrich, der nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs mit seinem Lieferwagen Betrieb für Betrieb abklapperte und dort seine Schrauben noch jedem Chef persönlich präsentierte.

Ein Computerservice kann die Entwicklung des Rechners nachzeichnen, wenn es für sein Angebot Sinn ergibt. Vielleicht hat er eine Software im Angebot, deren Zielgruppe Frauen sind, und nimmt deshalb Bezug auf die Urheberin des allerersten Computerprogramms Augusta Ada Byron, besser bekannt als Ada Lovelace.

2. Mitarbeiter

Nichts weckt so sehr das Interesse wie andere Menschen. Deshalb liefern die eigenen Mitarbeiter (und auch die Unternehmer selbst) passende Geschichten für das Storytelling im B2B-Bereich. Das kann beispielsweise der Mitarbeiter am Fließband sein, der die Teile des Zulieferers zusammensetzt, oder die Einkäuferin, die ihre Kriterien für die Beschaffung der Ausgangsmaterialien erläutert.

Für ein Gesamtbild bietet es sich an, mehrere Mitarbeiter zu Wort kommen zu lassen. Das muss nicht gleichzeitig geschehen, sondern kann auch als Serie beispielsweise im Firmenblog erscheinen. Die Story kann sich jedoch auch auf einen einzigen Helden stützen. Das kann der Chef oder die Chefin sein, allerdings nicht zwangsläufig. Je nachdem wie die Geschichte aufgehängt wird, kann dies auch ein Vertreter aus der Produktion, aus dem Einkauf etc. sein.

Storytelling-B2B_Mitarbeiter

Mit den Menschen, die hinter dem Unternehmen stehen, lassen sich verschiedene Aspekte beleuchten:

  • Produktionsprozesse
  • technische Zusammenhänge
  • Vorteile des Produkts beziehungsweise der Dienstleistung
  • Firmenphilosophie
  • Motivation der Mitarbeiter

3. Kunden

Die Kunden stellen nicht nur eine sprudelnde Quelle für Storytelling dar, sondern erhöhen die Glaubwürdigkeit des Unternehmens. Denn dadurch, dass sie sich positiv über den Service äußern, sprechen sie gleichzeitig eine Empfehlung aus.

Die Geschichte durch den Kunden erschöpft sich nicht darin, dass er den Anbieter lobt. Er erzählt viel mehr, wie ihm die Dienstleistung geholfen hat, den eigenen Unternehmenserfolg zu sichern oder wie das Produkt in seiner Herstellungskette eingebaut wird.

Kunden dafür zu gewinnen ist meistens nicht besonders schwer, da sie in hohem Maße selbst davon profitieren. Ihr eigenes Produkt taucht in der Kommunikationsmaßnahme auf. Dies zahlt sich für die sogenannten Testimonials aus, unabhängig davon, ob sie ebenfalls im B2B- oder im B2C-Bereich tätig sind. Eventuell bietet sich in diesem Zusammenhang auch Co-Branding oder weiteres Kooperationsmarketing an.

Storytelling-B2B_Kunden

4. Anwendung

Was sich trocken anhört, ist ein wirkungsvoller Kniff, um „technisches Gedöns“ auch für Laien interessant zu machen. Derartige Geschichten funktionieren dann sowohl für Entscheider als auch für Endkunden.

Beispiel Automatisierungstechnik: Wer nicht im technischen Bereich tätig ist, kann damit nicht viel anfangen und interessiert sich in der Regel auch nicht dafür. Wohl aber für die Dinge, bei deren Herstellung diese Technik eine Rolle spielt und die beim Storytelling dann in den Mittelpunkt gerückt werden.

Welche Produkte infrage kommen, hängt von Zielgruppe, Intention und vielleicht auch von der Saison ab. Wer kann im Sommer schon einem köstlichen Eis widerstehen? In Szene gesetzt bildet es den Aufhänger für die Technik des Unternehmens. Weitere Produkte können sich damit abwechseln oder in verschiedene Erzählstränge eingeflochten werden.

5. Mischformen

Oft werden die unterschiedlichen Anknüpfungspunkte im B2B-Storytelling kombiniert, sodass zum Beispiel ein Kunde gleichzeitig die Anwendung eines Produkts demonstriert oder Mitarbeiter in einem Video die Unternehmensgeschichte erzählen.

Storytelling im B2B-Bereich: So gelingt’s

Zunächst muss das Produkt stimmen (siehe Wie funktioniert Storytelling für B2B). Gibt es daran nichts mehr zu verbessern, sollten folgende Fragen geklärt werden:

1. Wen will ich erreichen?

Die Kernzielgruppe sollte klar umrissen sein. Kalkulieren Sie dabei ein, dass diese auch über Multiplikatoren erreicht wird. Das heißt, dass Sie über Umwege an diese Zielgruppe gelangen können, indem beispielsweise ein Video weiterverbreitet wird, weil es so amüsant ist. Der Adressat bekommt es zu sehen, weil er es ebenfalls erhält oder von Bekannten darauf aufmerksam gemacht wird.

Ein virales Video ist natürlich ein großer Glücksfall, doch dieses Prinzip funktioniert auch in kleineren Dimensionen. Zudem sollten Sie Ihre Zielgruppe auch direkt in den entsprechenden Kanälen, zum Beispiel der Unternehmens-Homepage, ansprechen.

Storytelling-B2B_Zielgruppe

2. Welche Geschichten kommen infrage?

Um diese Frage zu klären, ist Brainstorming angesagt – am besten mit mehreren Mitarbeitern. Das Unternehmen und das Produkt müssen auf alle Möglichkeiten abgeklopft werden.

  • Haben wir ein Produkt, das niemand sonst bietet?
  • Gibt es eine kuriose Begebenheit in der Firmengeschichte?
  • Haben wir außergewöhnliche Mitarbeiter oder Kunden?
  • Arbeiten wir unter besonderen Umständen?
  • Was ist unsere Motivation, genau dieses Produkt oder diese Dienstleistung anzubieten?
  • Auf welche Weise helfen wir unseren Kunden?

Die genannten Fragen dienen nur als Inspiration, denn in Wirklichkeit könnte man die Liste unendlich fortsetzen. Ausschlaggeben ist, ob die Geschichten, die ans Tageslicht kommen auch wirklich passen.

Storytelling-B2B_Geschichte-finden

Mit der Themenfindung für das Storytelling sollten Sie sich intensiv befassen, denn die Story soll keine Eintagsfliege werden, sondern den roten Faden der Unternehmenskommunikation bilden. Sie muss also in jeder Hinsicht stimmig sein. So passt beispielsweise eine übertrieben feierliche, allzu gefühlvolle Geschichte eher weniger, wenn das Unternehmen Flaschenverschlüsse produziert, wohl aber wenn das hauseigene Produkt bei der Heilung von Krebspatienten eingesetzt wird. Handelt es sich um eine Texter-Agentur, kann eventuell eine lustige Begebenheit in den Gründungsjahren zum Einsatz kommen.

Wichtig ist, dass die Geschichte

  • Emotionen weckt
  • allgemein verständlich ist
  • zeitlos ist
  • einen roten Faden bildet
  • sich fortsetzen und ausbauen lässt

3. Auf welchen Kanälen und in welcher Form findet das Storytelling im B2B statt?

In jedem Fall sollte(n) die Geschichte(n) auf der Unternehmens-Homepage zu finden sein. Hier kann sich die Story entfalten. Legen Sie geschickt den roten Faden, um Tatsachen in Geschichtselemente zu verpacken und gegebenenfalls verschiedene Erzählstränge miteinander zu verknüpfen. Wenn Sie noch keinen haben, denken Sie über einen Firmenblog nach.

Storytelling-B2B_Unternehmenswebseite

Die sozialen Medien sind natürlich immer ein Thema. Kommen Inhalte gut an, verbreiten sie sich hier rasant. Sie sollten sich vorher jedoch überlegen, ob dieser Kanal für Ihr Anliegen passt und ob sich Ihre Geschichte dafür eignet. Gibt es Unstimmigkeiten, werden diese wahrscheinlich aufgedeckt, was bei groben Schnitzern zu einem Shitstorm führen kann.

Im Storytelling sehr beliebt, sind Videos. Diese werden besonders gerne geteilt und weitergegeben. Dennoch muss nicht gleich zu Anfang einer jeden Storytelling-Aktion ein Video vorhanden sein (und manchmal benötigt man auch überhaupt keins). Zum Start reicht unter Umständen auch ein einzelnes Foto.

Auch auf klassischen Werbemitteln kann die Story platziert werden – auf Flyern und Firmenbroschüren. Wegen Platzmangel kann die Geschichte nicht immer in ihrer ganzen epischen Breite dargestellt werden. Wohl aber lässt sich aus ihr heraus ein Claim bilden, der einheitlich in allen Kanälen zum Einsatz kommt.

4. Wer übernimmt das Storytelling im B2B-Bereich?

Hier ist erstens zu klären, wer als Protagonist in der Story auftauchen soll und zweitens, wer sich um die Umsetzung kümmert.

Wer die „Darsteller“ sein sollen, wird meistens zeitgleich mit der Festlegung der Geschichte bzw. des Themas geklärt. Oft benötigt es etwas Überzeugungsarbeit bei einzelnen Mitarbeitern, wenn es beispielsweise darum geht, in einem Imagefilm aufzutreten. Dort sollten alle Protagonisten authentisch und gewinnend wirken.

Storytelling-B2B_Video

Sollen Kunden in das B2B-Storytelling eingebunden werden, müssen Sie darauf achten, dass deren Unternehmen einen guten Ruf genießen. Ein negatives Image kann auch Ihrer Firma schaden.

Die Umsetzung sollten am besten Profis übernehmen. Das kann Ihre eigene Marketingabteilung sein oder extern beauftragte Experten, die sich mit dem Thema Storytelling für B2B auskennen und gut texten können. Videos müssen nicht immer mit viel Budget und hochprofessionell produziert werden. Im Gegenteil wirken diese häufig authentischer und oft sympathischer, wenn sie nicht vollkommen perfekt sind.

Storytelling im B2B aus Expertensicht

Zu jeder ausgeklügelten Marketingstrategie gehört eine Story. So manch eine ist aber gar keine Story, wie die Storytelling-Expertin Petra Sammer in einem Interview mit Lean Content Marketing erläutert. Darin verrät sie außerdem, wo die besten Geschichten stecken und wann der richtige Zeitpunkt für Storytelling (noch nicht) gekommen ist.

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