Die Schrift ist ein tragender Bestandteil einer jeden Gestaltung. Sie transportiert nicht nur den Inhalt, sondern wirkt auch durch Ihr Erscheinungsbild. Sie will also vom Gestalter wohl gewählt werden. Nun gibt es Gestaltungen, bei denen eine Schrift nicht ausreicht– zum Beispiel bei umfangreicheren Drucksachen wie Broschüren. Sei es, um verschiedene Schwerpunkte zu setzen, sei es, um die Gestaltung nicht eintönig werden zu lassen oder sei es, um verschiedene Inhalte verschieden wirken zu lassen. Hier gilt es also, nicht nur zwei Schriften zu finden, die jeweils für sich die gewünschte Wirkung haben, sondern die auch miteinander harmonieren – und das im Überfluss des großenteils kostenlosen Schriftangebotes. Wie Sie Schrift miteinander mischen und worauf Sie beim Kombinieren achten müssen, sehen Sie im Video und im Text.
Inhalt
- Wie mischt man Schriften?
1. Regel: Mischen Sie innerhalb einer Familie
2. Regel: Achten Sie auf genügend Unterschiede
3. Regel: Mischen Sie Schriften mit ähnlichen Strukturen
4. Regel: Überlassen Sie einer Schrift die Bühne - Ähnliche Größen
- Nur zwei Schriften mischen
- Schriftpaare, die gut miteinander harmonieren
Wie mischt man Schriften?
Das Mischen von Schrift ist nicht automatisch von Erfolg gekrönt. Wir sehen uns die Gründe für harmonische Mischungen an und zeigen solche, von denen man Abstand nehmen sollte. Grundsätzlich lässt sich festhalten: je deutlicher der Unterschied in der Schriftgröße, umso weniger kritisch sind die Schriftmischungen zu betrachten.
Regel 1: Mischen Sie innerhalb einer Familie
Eine Schriftart kann aus einem oder aus mehreren Schnitten bestehen. Während viele Schreib- und Schmuckschriften nur einen Schriftschnitt haben, weisen viele Antiquas neben dem „normalen“ Schnitt häufig noch eine kursive, eine fette und eine fett-kursive Variante auf. Einige Schriften verfügen sogar über bis zu 20 oder mehr Schriftschnitte. Alle Schnitte zusammen nennt man eine Familie, und innerhalb dieser Schriftfamilie mischt es sich gut. Zumindest dann, wenn die Unterschiede zwischen den Schnitten deutlich genug sind. Verfügt die Schrift also über sehr viele Schnitte – und somit auch über sehr feine Abstufungen zwischen den Schnitten wie zum Beispiel eine light, eine semilight und eine ultralight –, kann bedenkenlos gemischt werden. Auch Kapitälchen- und Condensed-Schnitte eignen sich hervorragend für Schriftmischungen.
Tipp: Manche Schriftarten verfügen über einen Serifenbruder oder eine serifenlose Schwester, so zum Beispiel die PT Sans bzw. die PT Serif – auch eine wunderbare Kombinationsmöglichkeit.
Mehr über die Grundlagen und Unterschiede von Serifenschriften und Serifenlosen lesen Sie im vierten Teil unserer Typografie-Reihe „Alles über Serifen“.
Regel 2: Achten Sie auf genügend Unterschiede
Schriften, die sie mischen, sollten sich genug voneinander abheben. Diese Regel kommt zum Tragen, wenn man innerhalb einer Schriftfamilie mischt, aber auch, wenn man verschiedene Schriften miteinander mischt. Kombinieren Sie keine Schriften aus den gleichen Schriftklassen, also keine klassizistische Antiqua mit einer anderen klassizistischen Antiqua. Am sichersten ist es, wenn Sie gar keine Serifenschriften miteinander mischen. Entsprechend sollten Sie auch keine Serifenlosen miteinander mischen und schon gar keine Schreibschriften untereinander, genauso wenig wie zwei Stil- oder Schmuckschriften.
- Die Claire Hand und die Chalkduster sind zwei Schriften mit Handschriftcharakter und sich zu ähnlich, um sich gut mischen zu lassen.
- Die Minion Pro und die Big Caslon stammen zwar nicht aus der gleichen Schriftklasse (Französische Renaissance-Antiqua und Barock-Antiqua), trotzdem ähneln sie sich zu sehr, um die Kombination als gelungen zu bezeichnen.
- Die Caramel Crunch und die BlackJack sind Schreibschriften und sollten trotz unterschiedlicher Details (Ziehfeder und Schreibschrift) nicht kombiniert werden.
- Die Arial und die PT Sans sind zwei Serifenlose und sollten tunlichst nicht gemischt werden.
Vier Schriftmischungen, die gut funktionieren:
Regel 3: Mischen Sie Schriften mit ähnlichen Strukturen
Wie denn jetzt, ähnlich oder unterschiedlich? Die Antwort lautet: beides. Die zu mischenden Schriften sollten sich deutlich voneinander unterscheiden (Regel 3), sollten aber gleichzeitig eine ähnliche Struktur aufweisen. Für die Strukturwirkung ist vor allem die Art des Striches verantwortlich. Hier finden Sie die gleichmäßigen Striche und die Striche, deren Stärke wechselt, die sogenannten Wechselstriche. Eine Antiqua mit Wechselstrich fühlt sich mit einer Wechselstrich-Schreibschrift wohler als mit einer Pinselschrift, die sich durch einen gleichbleibendem Strich auszeichnet.
Während die Great Vibes mit ihrem Wechselstrich so gar nicht zur Arial passen möchte, verträgt sie sich mit der Charter schon besser. Noch gelungener ist aber die Kombination mit einer klassizistischen Antiqua wie der Bodoni.
Regel 4: Überlassen Sie einer Schrift die Bühne
Je nach Gestaltung gibt es häufig den Fall, dass man eine Schrift für den Fließtext und die Informationen verwendet, die zweite als Hingucker, Aufmacher, Überschrift/Headline bzw. Schmuck. Legen Sie in diesem Fall durch die Schriftwahl ganz klar fest, wer hier seinen großen Auftritt hat und wer die zweite Geige spielt. Vermeiden Sie Konkurrenz.
Die Adobe Caslon Pro und die Minion sollten nicht miteinander kombiniert werden. Durch die Unterschiede bei den Schriftgrößen und den Schreibweisen (Versalsatz bzw. Gemeinensatz) wäre diese Panne allerdings verschmerzbar.
Die BlackJack und die CaramelCrunch in Kombination sollten Sie vermeiden. Hier entsteht eine zu starke Konkurrenz.
Gute Schriftmischung: Hier wurde die Zilla Slab Highlight mit der Meta Bold kombiniert.
Ähnliche Größen
Wie schon kurz angesprochen entspannt sich das Mischen von Schriften, wenn sich die Schriftgrößen deutlich unterscheiden. Das bedeutet gleichzeitig aber auch, dass sich die Ansprüche an das Mischen verschärfen, wenn die Größen ähnlich oder gleich sind.
Je größer der Schriftgrößenunterschied, umso gefahrloser die Mischung. Das bedeutet gleichzeitig, dass beim Mischen zweier Schriften derselben Schriftgröße besondere Vorsicht geboten ist, da es zu einem optischen Größenunterschied kommen kann.
So kann es gehen: Man verwendet zwei Schriften, die gut miteinander harmonieren wie zum Beispiel die Minion Pro und die Meta; sie haben also alle Regeln zur Schriftmischung beachtet. Allerdings verwenden Sie die beiden Schriften in einer gleichen Grundtextgröße wie 10 Punkt, und zudem stehen sie räumlich nah beieinander, weil sie sich im Fließtext abwechseln. Warum ist von dieser Kombination trotzdem abzuraten?
Wie Sie sehen, weisen die beiden Schriften trotz technisch identischer Schriftgröße von 10 Punkt einen deutlichen Unterschied in ihrer messbaren Schriftgröße auf. (Verweis zu Artikel…). Durch ihre räumliche Nähe werden die Größen optisch vergleichbar. Unterscheiden sich die Größen deutlich genug, ist das alles kein Problem – bei technisch gleicher Schriftgröße allerdings sind die Unterschiede nicht deutlich genug, aber doch so stark zu sehen, dass sich der Fehlergedanke aufdrängt: Der Betrachter vermutet automatisch, dass die Größen eigentlich identisch sein sollten und es sich hier um einen Fehler handelt.
Beachten Sie die messbaren Größen
Jede Schrift hat ihre eigene Kegelausnutzung und somit ihre individuelle Größe (siehe auch „Das kleine Schriftgrößen-Einmaleins“). Beachten Sie diese individuelle Größe, wenn Sie Schriften zum Mischen auswählen. Wenn ihre beiden Kandidaten gleich groß sein sollen, dann sollten beide eine ähnlich hohe, niedrige oder mittlere Kegelausnutzung haben.
Beachten Sie die x-Höhen
Die x-Höhe, also die Größe der Mittellänge, beeinflusst die Größenwirkung einer Schrift stark. Eine Schrift mit großen Mittellängen wirkt deutlich größer als eine Schrift mit kleinen Mittellängen – auch wenn die Gesamthöhe der Schriften die gleiche ist. Kombinieren Sie also Schriften, die beide eine ähnliche x-Höhe aufweisen.
Nur zwei Schriften mischen
Mischen Sie möglichst nur zwei Schriften miteinander. Zwei verschiedene Schriften sowie ihre zugehörigen Schnitte sollten grundsätzlich genügen, um eine Gestaltung lebendig werden zu lassen. Drei Schriften sind grenzwertig und müssen mit einem hohen typografischen Gespür ausgewählt werden.
Schriftpaare, die gut miteinander harmonieren:
- Helvetica & Clarendon
- Helvetica & Caslon
- Arial & Goudy
- Arial & Minion
- Baskerville & Helvetica
- Caramel Crunch & Baskerville
- Garamond & Frutiger
- Great Vibes & Bodoni
- Junction & Garamond
- Meta & Minion
- Ubuntu & Bitter Italic
- Times & News Gothic MT
- Times & Source Sans
- Univers & Palatino
- Walbaum Fraktur & Didot
- Amatic SC & Ubuntu Cond.
- Dancing Script & Droid Serif
- Fira Sans & Roboto
- Great Vibes & Fira Sans
- Italianno & EB Garamond
- Lato & Bitter Italic
- Lora & Railway
- Open Sans & Droid Serif
- PT Serif & Open Sans
- PT Serif Italic & Dosis
- Railway & Bungee
Weitere Details zu Grundlagen und Fachwissen über Schriften finden Sie hier:
- Auftakt unserer Typografie-Serie: Typografie-Grundlagen
- Mit dem Geviert schöner layouten (Typografie-Serie Teil 2)
- Dickte und Breite (Typografie-Serie Teil 3)
Quellen
Aufmacher: Anna Kova (via Shutterstock)
Bilder: Claudia Korthaus