Jedes Design sollte der Gestalter an die Bedürfnisse des Betrachters anpassen. Hat er viel oder wenig Zeit zum Lesen? Hat er einen großen Abstand zur Gestaltung oder wird es von Nahem betrachtet? Je mehr Hintergrundwissen wir haben, umso treffender kann unsere Gestaltung aussehen. Trotz dieser individuellen Anforderungen gibt es auch Ansprüche, die sich verallgemeinern lassen. Dazu zählt das Bedürfnis des Betrachters, schnell und einfach einen guten Überblick über die vorliegende Gestaltung zu erhalten.

Gruppen bilden durch räumliche Nähe

Meistens geht man als Betrachter davon aus, dass Objekte oder auch Menschen, die räumlich zusammenstehen, auch zusammengehören. Betrachten Sie die Grüppchenbildung auf dem Schulhof und die traurigen Außenseiter, die sich nicht zugehörig fühlen und außerhalb der Gruppe stehen. Im Design verhält es ähnlich: Informationen, die räumlich zusammenstehen, werden als inhaltlich zusammengehörend wahrgenommen. Als Gestalter sollte man sich diese Tatsache zunutze machen. Bedenken Sie dabei: freie Räume sind ein wunderbares Gestaltungsmittel, die meist ungleichmäßig aufgeteilt werden sollen.

Gruppen Bilden am Beispiel einer Visitenkarte

Die einfachste Anwendung ist beispielsweise die Visitenkarte. Üblicherweise stehen hier die Adressdaten wie Straße, Postleitzahl und Ort zusammen; häufig wird noch die Telefonnummer dazu platziert. Eine weitere Gruppe bilden häufig die Internet- sowie die E-Mail-Adresse.

Bei Supermarkt-Sonderangebotsflyern steht der Preis neben der Abbildung des Produkts – schon allein deswegen, weil der Betrachter keine gedanklichen Experimente machen und Preise zuordnen möchte.

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Gruppen bilden für die Übersicht bei langen Texten

Die zweite Gestaltungsregel Gruppen bilden lässt sich aber nicht nur auf Visitenkarten oder Sonderangebotsflyern anwenden. Auch in Zeitungen und Magazinen sowie bei längeren Fließtexten kommt sie zum Einsatz. Hier hilft sie uns bei der Unterteilung von Texten und bei der Platzierung von Bildunterschriften und Zwischenüberschriften.

Platzierung der Zwischenüberschriften

Wohin gehört die Zwischenüberschrift inhaltlich? Genau, zum folgenden Text und nicht zum Textblock darüber. Ergo sollten wir den Abstand über und unter der Zwischenüberschrift so wählen, dass diese Zusammengehörigkeit auch sichtbar ist. Wir bilden also aus der Zwischenüberschrift und dem Folgetext eine Gruppe, indem wir diesen Abstand kleiner und den Abstand über der Zwischenüberschrift größer wählen. Häufig wird mit je einer Leerzeile darüber und darunter gearbeitet. Grund dafür ist aber der scheinbar geringere Aufwand und nicht die optimale Aufbereitung.

Gruppen bilden
Das Layout eines Magazins

So lieber nicht: Die Zwischenüberschrift steht mit einer Leerzeile nach oben und nach unten abgetrennt genau mittig zwischen den beiden Textblöcken.

Gruppen bilden 2

 

Viel besser: In diesem Fall wurde nur eine Leerzeile über der Zwischenüberschrift platziert. So wird klar, wohin die Zwischenüberschrift gehört, nämlich zum Folgetext.

Gruppen bilden 2

 

 

Ideale Lösung: Bei dieser Variante haben wir den Raum unter der Zwischenüberschrift etwas vergrößert, wodurch ein etwas luftigerer Eindruck entsteht. Trotzdem ist der obere Raum über der Zwischenüberschrift nach wie vor größer, und die Zugehörigkeit ist nach wie vor klar.

 

Platzierung von Bildunterschriften

Wir arbeiten uns weiter durch das Layout und wollen auch hier für die Übersicht Gruppen bilden. Wohin gehören die Bildunterschrift? Exakt, zum Bild. Um diese Zugehörigkeit zu verdeutlichen, sollten also alle Räume, die sich rund um das Bild und der Bildunterschrift befinden, grundsätzlich größer sein als der Raum zwischen Bild und Bildunterschrift.

Keine eindeutige Zuordnung erkennbar: Die Bildunterschrift (in kursiv) steht näher beim Grundtext als beim Bild.

Gruppen bilden Bildunterschriften 1

 

Klare Zugehörigkeit von Text und Bild erkennbar: Hier steht die Bildunterschrift am Bild, der freie Raum darüber ist größer als der darunter.

Gruppen bilden Bildunterschriften 2

Treffen Sie Entscheidungen

Nicht immer lassen sich Informationen zweifelsfrei zuordnen. In jedem Fall gelingt die Gestaltung aber besser, wenn Sie eine Entscheidung treffen und optische Zugehörigkeiten entstehen – auch wenn diese inhaltlich vielleicht nicht optimal war. Einem unentschlossenen Grafiker ist ein unentschlossenes Layout anzusehen, was wiederum beim Betrachter als unklare, unsichere Gefühle hervorrufen kann. Wenn Sie mit Ihrer Gestaltung entschlossen und professionell wirken möchten, sollten Sie ein Vielleicht-Gefühl beim Betrachter vermeiden.

Wenn keine räumlichen Gruppen möglich sind

Nicht immer ist in einem Layout eine räumliche Zuordnung eins zu eins möglich. Beispielsweise kann eine Information auch zu zwei Gruppen gehören. Oder die räumliche Zuordnung ist aufgrund eines Seitenwechsels oder anderer zwingender Platzierungsvorgaben nicht möglich. Somit stehen wir Gestalter vor der Herausforderung, eine Übersicht und Zusammengehörigkeit zu schaffen, ohne dass wir mit räumlicher Nähe arbeiten beziehungsweise räumlichen Gruppen bilden.

In solchen Fällen greift man zu verschiedenen Gestaltungsmitteln wie Farbe, Schrift oder Effekten. Eine Zusammengehörigkeit durch den Einsatz einer individuellen Schrift ist ein Leichtes. Oder färben Sie die Textteile, die eine Gruppe bilden sollen, mit der gleichen Farbe ein. Auch die Schriftgröße können Sie als Stilmittel verwenden, um eine Verbindung der Texte zueinander aufzuzeigen.

Beim Betrachten dieses Beispiels ist nicht auf den ersten Blick zu erkennen, wohin die Preise gehören. Vor allem in der Mitte des Textes ist es schwierig genau zu zuordnen.
Gruppen bilden 5

Ein eindeutigeres Bild erhält der Betrachter hier: Wir haben mit zwei Gestaltungsmitteln gegliedert, Abständen und Farbe. Die Abstände sorgen dafür, dass die Zugehörigkeit der Preise klar zu erkennen ist. Die Farbe verdeutlicht die Zugehörigkeit aller Preise.

Gruppen bilden 6

Mehr zum Thema Gestaltungsregeln finden Sie hier:

Regel #1: Blickfang setzen: So werden Flyer und Co. zum Eyecatcher
Regel #2: Gruppen bilden: Zusammenhänge sichtbar machen und freie Räume nutzen (dieser Artikel)
Regel #3: Der Wiedererkennungswert – die Wiederholung als Gestaltungsmittel

Bildquelle: Sentavio via Shutterstock

Credits: Es gestaltet und spricht Claudia Korthaus (Typostil).