Herr Siebert, das Thema Urheberrecht bewegt alle, die in irgendeiner Form Bildmaterial benötigen. Was ist eigentlich genau urheberrechtlich geschützt?
Sören Siebert: Das Urheberrecht schützt Inhalte: Bilder, Fotos, Texte, Videos, Musik. Nicht geschützt sind dagegen bloße Ideen. Bei einigen Inhalten – wie etwa bei Texten – kommt es auf die sogenannte Schöpfungshöhe an. Das bedeutet, nicht jeder Zweizeiler ist urheberrechtlich geschützt. Es muss sich dabei um etwas „Besonderes“ handeln. Bei Fotos ist das allerdings anders, hier kommt es nicht auf die Schöpfungshöhe an. Jedes verwackelte Bild, das mit einer Handykamera aufgenommen wurde, ist urheberrechtlich geschützt.
Wann darf ich fremde Fotos nutzen und was bedeutet „Lizenz“?
Sören Siebert: Da jedes Fotos urheberrechtlich geschützt ist, dürfen Sie fremde Fotos nie ohne Erlaubnis des Fotografen oder dessen Rechteverwerter nutzen. Eine solche Vereinbarung nennt man Nutzungsvertrag oder Lizenz. Die Lizenz regelt, was Sie mit dem Bild machen dürfen. In den Lizenzen sind verschiedene Punkte geregelt, wie:
Dürfen Sie das Bild exklusiv nutzen oder dürfen auch andere das Bild nutzen?
Gibt es Einschränkungen für bestimmte Länder?
Gibt es Einschränkungen für bestimmte Medien (Website, Facebook, Print-Katalog etc.)?
Dürfen Sie das Bild nur veröffentlichen oder auch bearbeiten?
Dürfen Sie das Bild an Ihre Kunden übertragen oder nur selbst nutzen?
Dürfen Sie das Foto nur privat oder redaktionell nutzen oder auch für Werbung?
Deshalb ist es wichtig, sich die Lizenzbedingungen der Bildportale oder Fotografen durchzulesen und den für Ihre Zwecke richtigen Lizenztyp auszuwählen.
Gibt es bei Bildrechten grundsätzliche Unterschiede zwischen Web und Print?
Sören Siebert: Nein. Das Urheberrecht an einem Bild besteht immer, egal ob es im Netz oder etwa für gedruckte Flyer verwendet werden soll. Sie müssen aber darauf achten, dass Ihre Lizenz auch die geplante Verwendung abdeckt, da viele Lizenzen zwischen Print- und Onlinenutzung unterscheiden.
Muss ich die Quelle direkt unter dem Bild angeben oder reicht das unter dem Artikel oder gar nur im Impressum? Sind hier immer die Lizenzbedingungen ausschlaggebend oder gibt es „übergeordnete“ Vorschriften?
Sören Siebert: Die Angabe der Quelle bzw. das Recht auf Urhebernennung ist ein Abmahnklassiker. Kurz gesagt, es geht immer um den Urheber, also den Fotografen, der genannt werden muss. Das deutsche Urheberrecht sagt dazu, dass die Namensnennung „am Werk“ erfolgen muss, also direkt am Bild. Viele Plattformen wie Fotolia bestimmen zwar, dass eine Namensnennung des Fotografen im Impressum genügt. Da Fotolia aber nicht Urheber ist, kann Fotolia das nach deutschem Recht gar nicht festlegen, allein der Fotograf entscheidet darüber.
Welche Konsequenzen drohen, wenn die Bildquelle nicht oder nicht korrekt (z. B. an der falschen Stelle) genannt ist?
Sören Siebert: Wird der Urheber nicht genannt, kann der Fotograf Sie abmahnen lassen. Dann müssen Sie eine Unterlassungserklärung abgeben und Schadensersatz plus Anwaltskosten zahlen. Vorsicht: Es können auch Seitenbetreiber abgemahnt werden, obwohl sie einen Vertrag mit Plattformen wie Fotolia geschlossen haben, den Namen des Fotografen aber nicht korrekt genannt haben. Einen Link zu einem entsprechenden Artikel finden Sie hier.
Bin ich „Urheber“, wenn ich ein Bild bei einem Fotostock kaufe, dieses abändere oder es in eine Art „Collage“ einbaue und dabei eine neue Kreation entsteht? Inwieweit darf ein Bild überhaupt verändert werden und wie sieht das Urheberrecht bei veränderten Bildern aus?
Sören Siebert: Dazu müssen Sie sich als erstes das Recht zur Bearbeitung des Originalfotos einräumen lassen. Ohne diese ausdrückliche Vereinbarung dürfen Sie ein Foto nicht bearbeiten, sondern nur nutzen bzw. veröffentlichen. Wenn Sie ein Bearbeitungsrecht haben, werden Sie dann gegebenenfalls Urheber an dem neuen Werk oder Miturheber an dem neuen Foto.
Wie oft und wie lange können gekaufte Stockphotos verwendet werden?
Sören Siebert: Auch das hängt von den Lizenzbedingungen des Anbieters ab. In vielen Fällen dürfen Sie die Bilder so oft nutzen, wie Sie wollen. Die Dauer der Nutzungserlaubnis kann abhängig sein von der Mitgliedschaft etwa in einem Bilderprotal. In den meisten Fällen ist die Nutzung aber mit einer einmaligen Zahlung abgegolten.
Darf man Screenshots aus Videos nutzen oder muss man hierfür gesondert Genehmigungen einholen?
Sören Siebert: Da Videos in den meisten Fällen urheberrechtlich geschützt sind, sind auch Standbilder respektive Screenshots aus diesen Videos geschützt. Sie sollten hier immer die Erlaubnis des Urhebers des Videos einholen. Nur in wirklich seltenen Fällen können solche Screenshots als sogenanntes Bildzitat erlaubt sein. Das bedeutet, dass eine „geistige Auseinandersetzung“ mit dem Bild erfolgen muss. Zudem ist das Zitatrecht in der Regel auf den wissenschaftlichen Bereich beschränkt.
Wie finde ich heraus, ob meine Bilder ohne mein Einverständnis anderweitig verwendet wurden und was kann ich dann tun?
Sören Siebert: Für Fotografen gibt es mehrere Möglichkeiten, Bilderklau aufzudecken oder besser gleich zu verhindern:
1. Nutzen Sie die Bildersuche der großen Suchmaschinen. Ziehen Sie einfach Ihr Bild in das Suchfenster der Bildersuche, dort werden dann ähnliche oder identische Bilder angezeigt.
2. Versehen Sie Ihre Bilder mit Wasserzeichen. Hier müsste ihr Bild dann erst mühsam bearbeitet werden, bevor es genutzt werden kann.
3. Hinterlegen Sie Ihr Bild bei einem professionellen Überwachungsdienst.
Wenn Sie festgestellt haben, dass Ihre Bilder oder Fotos „geklaut“ wurden, können Sie den Seitenbetreiber erst einmal direkt anschreiben. Wenn Ihnen dafür die Zeit fehlt, beauftragen Sie einen Anwalt mit der Durchsetzung Ihrer Rechte: Unterlassung und Schadensersatz. Der „Bilderdieb“ muss dann auch die Kosten Ihres Anwalts übernehmen.
Vielen Dank, Herr Siebert, für Ihre Antworten.
Für unsere Magazin-Leser:
Das brandneue E-Paper zum Thema Bildrechte von Sören Siebert.
Zur Person:
Sören Siebert ist Rechtsanwalt in Berlin und Potsdam und berät Unternehmer in allen Fragen des Internetrechts. Er ist Gründer von eRecht24, einem der größten Portale zu Internetrecht. Um allen Unternehmern die Möglichkeit zu geben, den eigenen Webauftritt kostengünstig abzusichern, hat eRecht24 einen Mitgliederbereich eingerichtet. Hier können Webseiten einfach und schnell rechtssicher gestaltet werden, ganz ohne teuren Anwalt. Ohne Angst vor Abmahnwellen haben zu müssen, können sich Selbständige, Unternehmer und Freiberufler auf das Wesentliche konzentrieren: den Erfolg ihrer Geschäftsidee.
Credits:
Beitragsbild: © Coloures-pic / Fotolia.com