Gesehen, geteilt, gezahlt

Wer sich im Internet bewegt und dabei auch noch mit Bildern zu tun hat, sollte über ein solides Wissen über Urheberrechte und dessen Verletzungen verfügen (einen ersten Einblick geben unsere Artikel Nutzungsrechte: Fotos und Bilder richtig verwenden sowie Bildrechte: Was Sie unbedingt wissen sollten).

Relativ unbekannt dagegen ist die Gefahr, sich schon beim sogenannten Teilen eines Artikels via Facebook oder anderen sozialen Netzwerken eine Abmahnung ins Haus zu holen. Tatsächlich passiert ist dies einer Fahrlehrerin, die einen Zeitungsartikel über den Fußballspieler Marco Reus geteilt hatte. Was sie nicht beachtet hatte: Durch das Teilen des Beitrags wurde dessen Titelbild auf ihrer Profilseite veröffentlicht; das Foto wiederum war die Arbeit eines professionellen Fotografen, der schließlich seine Bildrechte geltend machte.

Der Fall ist fast drei Jahre alt und seitdem hat es eine Reihe weiterer Urteile zum Urheberrecht in sozialen Netzwerken gegeben, die das Problem teils relativierten, teils aber auch neue Unwägbarkeiten ins Spiel brachten. Die Brisanz ist also weiterhin hoch und von Entwarnung kann noch keine Rede sein.

Was also kann man sorglos teilen? Diese und mehr haben wir einen Rechtsexperten auf diesem Gebiet, Rechtsanwalt Rohrlich, gefragt; er hat bereits einige Bücher zu diesem und verwandten Rechtsthemen veröffentlicht.

Interview mit Rechtsanwalt Michael Rohrlich

diedruckerei.de-Magazin: Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Rohrlich; was beim Fotografieren von Personen und Gebäuden grundsätzlich zu beachten ist, dürften mittlerweile die meisten Medienschaffenden wissen. Was aber, wenn ich Inhalte anderer weitergebe, also beispielsweise die Teilen-Funktion der sozialen Netzwerke nutze, oder Videos in meinem Blog einbinde?

Michael Rohrlich: Generell muss man schauen, ob die Quelle, auf der das ursprüngliche Bild oder Video bereitgestellt wird (zum Beispiel Youtube), grundsätzlich die Möglichkeit bietet, dass Dritte die Inhalte für ihre eigenen Zwecke übernehmen können, etwa durch Einbinden („Embedding“) der Inhalte. Wird solch eine Funktion bereitgestellt, dann wissen zum einen diejenigen, die ihre Inhalte hochladen, darüber Bescheid bzw. haben dies bei Anlegen ihres Accounts durch Akzeptanz der Nutzungsbestimmungen bestätigt.

Zum anderen will die Plattform durch Bereitstellen der „Embedding“-Funktion ja genau dies ermöglichen, um so eine möglichst große Verbreitung der Inhalte zu erreichen. Insofern muss man in aller Regel davon ausgehen können, dass ein Einbinden solcher Inhalte in die eigene Website zulässig ist.

diedruckerei.de-Magazin: Manchmal werden Bilder automatisch eingebettet, etwa beim Setzen eines Links, der dann eine Vorschau generiert …

Michael Rohrlich: In puncto Vorschau-Funktion, zum Beispiel beim Posten eines Links auf Facebook, gilt zu beachten, dass die im Rahmen der Website-Vorschau dargestellten Bilder urheberrechtlichen Schutz haben können. Diesbezüglich gibt es (noch) keine einheitliche obergerichtliche Rechtsprechung, deshalb gilt im Zweifel auch hier: lieber die Vorschau-Funktion deaktivieren.

Beim Teilen oder Einbetten fremder Inhalte muss aber auch stets bedacht werden, dass man sich diese Inhalte – je nach Kontext – zu eigen macht und dann gegebenenfalls auch dafür haftbar gemacht werden kann.

Beim Einbetten fremder Inhalte kann man haftbar gemacht werden

diedruckerei.de-Magazin: Das müssen Sie uns erklären; was genau bedeutet es, sich Inhalte zu eigen zu machen?

Michael Rohrlich: Nach Maßgabe des Bundesgerichtshofs (BGH) ist für ein „Sich-zu-eigen-machen“ auf die objektive Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller Umstände abzustellen. Oder kurz: Es kommt darauf an.

Das kann bedeuten, dass es ausreichend ist, dass jemand fremde Inhalte auf Vollständigkeit und Richtigkeit überprüft und sie anschließend freischaltet. Auch dann, wenn sich zum Beispiel der Betreiber eines Forums umfassende Rechte an den Beiträgen seiner Nutzer von diesen einräumen lässt, dürfte ein „Sich-zu-eigen-machen“ vorliegen.

Eindeutig wird es dann, wenn etwa der Link auf eine fremde Website mit „das entspricht genau meiner Meinung“ oder ähnlichen Aussagen versehen wird.

diedruckerei.de-Magazin: Gilt das auch für einfache Links ohne Vorschau? Oder salopp gesagt: Verlinken wird man ja wohl noch dürfen, oder?

Michael Rohrlich: Eine bloße Verlinkung auf fremde Inhalte ist in aller Regel unproblematisch. Zwar hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass ein Link „mit Gewinnerzielungsabsicht“ auf rechtswidrige Inhalte, zum Beispiel unberechtigterweise veröffentliche Fotos, als selbständiger Urheberrechtsverstoß zu werten ist. Dies sieht die deutsche Rechtsprechung bzw. auch die deutsche Fachliteratur inzwischen etwas kritischer.

„Das kann nicht im Interesse der Allgemeinheit sein“

Denn sonst wäre die Konsequenz tatsächlich so, dass man vor dem Setzen eines externen Links eine schriftliche Bestätigung des Betreibers der zu verlinkenden Website darüber einholen müsste, dass seine Seite frei von Rechtsverstößen ist. Das kann letztendlich natürlich nicht im Interesse der Allgemeinheit sein, würde es das dem Internet zugrundeliegende technische Prinzip doch ad absurdum führen.

diedruckerei.de-Magazin: Wie kann ich Inhalte Dritter überhaupt rechtssicher einbinden?

Michael Rohrlich: Indem Sie einige Faustregeln beherzigen, die vom BGH beziehungsweise auch vom EuGH konkretisiert worden sind: Einerseits darf keine andere Wiedergabetechnik eingesetzt werden, das heißt, ein Bild darf nicht im Rahmen der Einbettung etwa mit einer anderen Farbe versehen oder ein GIF als „unbewegtes“ Bild dargestellt werden. Andererseits darf es zu keiner „Erweiterung des Publikums“ kommen, das heißt ein eigentlich nur für einen eingeschränkten Personenkreis gedachtes Material darf nicht uneingeschränkt der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.

Das Einbetten fremder Inhalte ist in der Regel unproblematisch, sofern es die Plattform ausdrücklich erlaubt
Nicht alles, was verbreitet werden kann, sollte auch tatsächlich geteilt oder eingebettet werden

Weiterhin sollte bis auf Weiteres davon Abstand genommen werden, offensichtlich rechtswidrig hochgeladenes Material einzubetten – allerdings kann die Bewertung hier im Einzelfall schwierig sein. Im Zweifel gilt also: eher die Finger davon lassen. Andernfalls drohen kostenpflichtige Abmahnungen mit teils deftigen Schadensersatzforderungen. Je nachdem, ob es sich um ein Bild von einem Profi-Fotografen oder um einen privaten Handy-Schnappschuss handelt, ob das Bild rein privaten oder auch gewerblichen Zwecken dient, wie lange es verwendet wird etc., können die geforderten Summen durchaus im vierstelligen Bereich liegen.

diedruckerei.de-Magazin: Was muss ich beachten, wenn ich selber Bilder veröffentliche?

Michael Rohrlich: Wenn ich selber Bilder oder Videos poste, dann muss ich natürlich auch damit rechnen, dass Dritte diese Inhalte teilen oder einbetten. Ein reines Verlinken meiner Inhalte kann ich ohnehin nicht unterbinden – es sei denn, sie befinden sich in einem passwortgeschützten Bereich, zu dem nur Berechtigte Zugang erhalten sollen. Beim Teilen bzw. Einbetten meiner Inhalte müssen Dritte natürlich auch die oben ausgeführten Bedingungen beachten.

Es ist also ein Unterschied, ob ich ein Video bei Youtube einstelle, wo ich aufgrund der vom Plattformbetreiber schon ermöglichten Funktionalitäten mit einem Einbetten durch Dritte rechnen muss, oder ob ich ein Foto auf meiner Website darstelle und es eben nicht mit einer Teilen- oder Einbetten-Funktion versehe.

diedruckerei.de-Magazin: Immer wieder sieht man Bilder von sogenannten Stockphoto-Agenturen in sozialen Kanälen. Bedenklich?

Michael Rohrlich: Die Lizenzbedingungen von „Stock“-Fotos sehen oftmals in der Tat vor, dass ich die erworbenen Rechte an den Werken nicht an Dritte übertragen darf – was aber durch entsprechende Klauseln in den meisten sozialen Medien der Fall wäre. Das bedeutet, dass ich entweder gänzlich lizenzfreies Material oder spezielle Social-Media-Lizenzen erwerben muss, damit ich das jeweilige Material auch bei Facebook, Twitter, LinkedIn & Co. nutzen darf.

Habe ich eine solche spezielle Lizenz nicht, sondern nur eine „normale“ Online-Lizenz, und binde das Werk auf meiner Website ein, dann kann ich es natürlich nicht wirklich verhindern, wenn Dritte dieses Werk dennoch in den sozialen Medien teilen oder es irgendwie für ihre eigenen Zwecke einbetten. Technisch ist vieles möglich, aber nicht immer ist juristisch auch alles erlaubt.

Herr Rohrlich, wir danken Ihnen für das Interview!

Rechtsanwalt Michael Rohrlich klärt auf, was es beim Teilen von Inhalten in sozialen Netzwerken zu beachten gilt

Zur Person:

Michael Rohrlich, Jahrgang 1974 („Generation C64“), ist Rechtsanwalt, Fachautor und Dozent (RA-Rohrlich.de). Seine Kanzlei befindet sich in Würselen, Nähe Aachen. Seine beruflichen Schwerpunkte liegen in den Bereichen IT- und Onlinerecht, Datenschutzrecht und Gewerblicher Rechtsschutz. Er schreibt regelmäßig für diverse Print- & Online-Publikationen, ist Autor mehrerer Bücher sowie Video-Trainer bei video2brain (LinkedIn).

In seinem jüngsten Kompendium „Recht für Webshop-Betreiber: Das umfassende Handbuch“ gibt er wertvolle Tipps zu den Themen Urheberrecht, Domainrecht, Haftungsfragen, AGB etc. und liefert auch Hinweise zum rechtlich korrekten Umgang mit den sozialen Medien.

Homepage: https://www.ra-rohrlich.de

 

Fazit: Bildrechte und Urheberrechte beim Teilen auf Facebook & Co.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es nicht risikolos ist, Beiträge in sozialen Netzwerken wie Facebook zu teilen. Ob Nutzer tatsächlich auch dann haften, wenn sie eigentlich gar nichts dafürkönnen (wie im Fahrschul-Beispiel), ist nicht abschließend geklärt. „Es gibt noch keine einheitliche obergerichtliche Rechtsprechung“, sagt Rechtsanwalt Rohrlich. Er rät dazu, die Vorschaufunktion komplett zu deaktivieren. Wenn dies nicht möglich ist, besser vom Teilen Abstand nehmen.

Die Fahrschul-Inhaberin ist übrigens glimpflich davongekommen: Aufgrund des großen medialen Echos wurde die Abmahnung zurückgezogen – worauf sich aber natürlich niemand verlassen sollte.

Mit ein paar juristischen Grundregeln beim Teilen von Inhalten lässt sich die Gefahr immerhin minimieren, diese haben wir im folgenden Kasten zusammengestellt.

 

  • Das Einbetten von Youtube-Videos und Pinterest-Bildern ist in der Regel unproblematisch, weil dies zur Eigenschaft dieser Plattformen gehört
  • Artikel mit professionellen Bildern sollten Sie im Zweifel nicht oder nur ohne Vorschaubilder als einfachen Link teilen bzw. posten
  • Einfache Links mit Text und ohne Vorschaubilder sind in aller Regel unproblematisch
  • Bilder sollten Sie wenn, dann am besten unbearbeitet teilen; extrahieren Sie keine Standbilder aus animierten GIFs, verändern Sie Videos nicht
  • Veröffentlichen Sie Fotos und Videos aus geschützten Bereichen nicht („den Personenkreis nicht erweitern“)
  • Wer selbst bloggt, sollte sich genau überlegen, ob er eine Sharing-Funktion einbettet; darüber können geschützte Bilder zu Unrecht verbreitet werden
  • Posten Sie Stockphotos nur dann in sozialen Medien, wenn diese entsprechend lizenziert sind. Entsprechende Lizenzen bieten aktuell (Stand: 24. Januar 2018) unter anderem Shutterstock (Social Media explizit eingeschlossen), iStock/Getty (ebenso), Fotolia (es muss eine entsprechende Social-Media-Variante des Bildes gekauft werden).

 

Credits:

Beitragsbild: © r.classen / shutterstock.com