Die Lithographie ist ein Druckverfahren, dieser Begriff ist sicherlich vielen schon begegnet. Doch was genau zeichnet die Lithografie aus und was muss ich als Gestalter beachten, wenn ich die Lithografie als Druckverfahren auswähle?
Inhalt
- Die Lithographie als Flachdruckverfahren?
- Die Geburtsstunde
- Der Ablauf: mit der Lithographie drucken
- Die Zeichenwerkzeuge
- Der Stein: die Basis in der Lithographie
- Farblithografie
- Einsatzbereich
Die Lithographie als Flachdruckverfahren
Die Lithographie ist ein Flachdruck und zählt als Vorläufer eines anderen, bekannteren Flachdruckverfahrens: dem Offsetdruck. Bei jedem Druckverfahren besteht das Ziel darin, bestimmte Bereiche mit Farbe zu versehen und andere nicht. Die Art und Weise, wie die Farbe auf den Bedruckstoff kommt, macht den Unterschied und trägt gleichzeitig zur Namensgebung der verschiedenen Druckverfahren bei. Beim Tiefdruck beispielsweise arbeitet man mit Vertiefungen, in die man die Farbe füllt und anschließend auf den Bedruckstoff überträgt. Beim Flachdruck befinden sich wie der Name vermuten lässt die druckenden und die nicht druckenden Bereiche auf einer Ebene. Hier werden die chemischen Gegensätze von Wasser und Fett genutzt, um die Farbe nur auf die druckenden Partien aufzutragen.
Bei der Lithografie als Flachdruckverfahren wird mit der Abstoßung von Wasser und Fett gearbeitet. Dazu bereitet man die Oberfläche des Steins in wasserabstoßende und wasseranziehende Bereiche. Die druckenden Bereiche sind fett- und somit druckfarbenfreundlich. Die nicht druckenden Bereiche stoßen durch die Befeuchtung mit Wasser die fettreiche Druckfarbe ab.
Der Begriff Lithografie setzt sich aus „lithos“ (altgriechisch für Stein) und „graphie“ (griechisch für schreiben) zusammen. So wird schnell klar, dass in diesem Druckverfahren der Stein eine entscheidende Rolle spielt. Eine andere Bezeichnung für Lithographie lautet auch Steindruckverfahren.
Umgangssprachlich wird nicht nur das gesamte Druckverfahren, sondern auch die Steinzeichnung selbst, also die Druckvorlage bzw. Druckform als Lithographie bezeichnet. Auch der Abzug, also das fertig gedruckter Papier, wird Lithografie genannt. Werke, die direkt vom originalen Stein gedruckt werden, nennt man Original-Lithographie.
Die Geburtsstunde
Die Erfindung der Lithographie wird 1798 dem Multitalent Alois Senefelder zugeordnet. Der studierte Rechtswissenschaftler, ausgebildete Musiker und theaterbegeisterte Schriftsteller wollte seine eigenen Werke und Notenblätter vervielfältigen. Aufgrund mangelnder finanzieller Möglichkeiten machte er aus der Not eine Tugend. Die Idee, druckende Bereiche auf einen Kalkstein zu ätzen, stellte sich als revolutionäre Idee innerhalb der Druckverfahren heraus. So löste die Lithografie in vielen Bereichen den bis dato verwendeten und weitaus kostenintensiveren Kupferstich ab. Während im Laufe des 19. Jahrhunderts zunächst in erster Linie Schrift und Notenblätter mit dem neuen Verfahren gedruckt wurden, reifte später die Drucktechnik, um auch Bilder reproduzieren zu können. Anfang des 20. Jahrhunderts zählte die Lithographie zum erfolgreichsten Druckverfahren und diente für den Druck von Plakaten für Ausstellungen, Werbung sowie großen, farbigen Auflagen. Der Siegeszug der Lithografie wurde erst Mitte des 19. Jahrhunderts durch den Einzug des wirtschaftlich erfolgreicheren Offsetdrucks beendet.
Senefelders Steindruck gilt nach Johannes Gutenbergs Erfindung mit beweglichen Lettern sowie der Schnellpresse von Friedrich Koenig als dritte, große Entwicklungsstufe in der Druckbranche.
Alternative Verfahren zur Lithographie sind die Aligrafie beziehungsweise Zinkografie. Hier arbeitet man statt mit einer Druckplatte aus Stein mit einer Platte aus Aluminium beziehungsweise aus Zink.
Der Ablauf: mit der Lithographie drucken
Als Basis für die Lithographie dient eine plan geschliffene, entkörnte und entfettete Kalksteinplatte. Auf diese Steinplatte wird mit fetthaltiger Kreide oder mit Tusche das Motiv seitenverkehrt gezeichnet. Nun wird der Stein für die Wasseraufnahme vorbereitet. Dazu gibt man eine ätzende Flüssigkeit (Salpetersäure und Gummiarabikum) auf den Stein. Die Flüssigkeit dringt an den Stellen in die Poren, an denen keine Zeichnung stattgefunden hat, also an den nicht druckenden Bereichen. Anschließend wäscht man den Stein mit Terpentin.
Nun walzt man die Druckerfarbe auf den Stein. Die ätzende Flüssigkeit stößt die Farbe ab, die fetthaltigen Bereiche binden die fetthaltige Druckfarbe. Somit wird die Farbe nur an den Stellen aufgenommen, an denen zuvor mit der Fettkreide gezeichnet wurde. Die üblichen Bereiche binden das Wasser und nehmen somit keine Farbe auf.
Beim nun folgenden, eigentlichen Druckvorgang wird der Stein mit der Steindruckpresse auf das speziell dafür geeignete, angefeuchtete Papier gepresst. Dieser Vorgang kann maschinell oder von Hand ausgeführt werden, die Anzahl der Abzüge ist nicht begrenzt. Im heutigen künstlerischen Bereich, indem die Lithografie ihren Nischenplatz gefunden hat, arbeitet man in erster Linie mit der Handpresse. Häufig drucken die Künstler ihre Abzüge selbst und verleihen damit Ihrer Arbeit die letzte Note.
Die Zeichenwerkzeuge
Zum Auftragen der Zeichnung dienen Pinsel oder Federn, Fettkreide oder Fettstifte. Die verwendete Tusche besteht aus Wachs, vermischt mit Fett, Ruß und Seife. Die Auswahl an Zeichenwerkzeugen ist groß genug, als das der Lithograf verschiedene Strichcharaktere herausarbeiten kann. Durch die Vielfältigkeit der Werkzeuge und der Zeichentechniken war es auch bereits möglich, Halbtöne zu erzeugen.
Während des Zeichnens darf der Lithograf den Stein nicht berühren, damit das natürliche Fett der menschlichen Haut nicht auf dem Stein landet und einen sauberen Druck verhindert.
Der Stein: die Basis in der Lithographie
Dichte, Herkunft und Verarbeitung des Steins sind für die Qualität des Drucks ausschlaggebend. Die Kalkschiefersteine kommen aus Deutschland wie zum Beispiel aus Solnhofen in Bayern, aber auch aus Frankreich oder der Schweiz. Sie müssen speziell geschliffen sein und eine bestimmte Stärke aufweisen (ca. 5 bis 15 Zentimeter), um nicht zu brechen. Die optimale Dichte ist eine Gratwanderung: Je dichter der Stein, umso schärfer ist der Steindruck. Eine zu hohe Dichte erschwert bzw. verhindert allerdings die nötige Wasseraufnahme.
Solange der Steine eine Mindeststärke aufweist, kann ihn der Lithograf nach dem Abschleifen und Säubern wieder verwenden. Das Abschleifen ist allerdings ein langwieriges Verfahren, dass man sorgfältig ausführen muss, damit auf dem Stein für den neuen Druck keine alten Bildelemente übrig bleiben.
Farblithografie
Der Nachfrage nach farbigen Drucken kam man zunächst mit dem nachträglichen, manuellen Färben der fertigen Drucke nach. Auch Senefelder probierte sich mit farbigen Wiedergaben, indem er mit Hinterlegungen und Hell-Dunkel-Effekten experimentierte. Etwa vierzig Jahre nach Senefelders Erfindung entwickelte der Lithograf Godefroy Engelmann eine Möglichkeit, farbig zu drucken. Beim Farbdruck muss der Lithograf für jede Farbe ein eigenen Steindruckvorgang durchführen. Jede Farbe benötigte eine eigene Steinplatte. Auf dieser zeichnet man mit der Fettkreide nur den Motivbereich, der später die jeweilige Farbe aufweisen soll. Nach der gängigen Behandlung und Vorbereitung des Steins wird die entsprechende Farbe auf den Stein und anschließend auf das Papier übertragen und je nach Motiv und Anspruch teilweise 25 Mal wiederholt. Für eine Passgenauigkeit dienten Markierungen am Stein. An der Vorgehensweise hat sich auch heute kaum etwas geändert. Die Chromolithografie ist heute genauso aufwändig wie damals, erzeugte aber schon früher hochwertige, farbige Drucke, die einem Ölbild gleichkamen.
Umdruck
Unter der Bezeichnung Umdruck versteht man Methoden, mit denen man die Zeichnungen von einem Papier auf den Druckstein überträgt. Eine Herausforderung dabei stellt die Spiegelung dar. Durch eine einfache Übertragung der druckenden und nicht druckenden Bereiche von der Steinplatte auf das Papier findet eine Spiegelung statt. Somit müsste der Künstler spiegelbildlich auf den Stein zeichnen. Um dieses etwas schwierige Verfahren zu umgehen, zeichnet man erst mit den gleichen Fettpinseln auf ein Papier, das man anschließend auf den Stein „klatschte“. Diese Vorgehensweise hat viele Anhänger, auch wenn es mit einem leichten Qualitätsverlust einhergeht. Auch das Zusammenfügen mehrerer Zeichnungen oder Zeichnungsteile auf einem Stein ist mit dieser Drucktechnik machbar.
Einsatzbereich
In Zeiten des Offset- und natürlich des Digitaldrucks stellt die Lithographie kein Alltagsdruckverfahren mehr dar. Sie ist ein Nischenprodukt, das speziell für Kunstdrucke zum Einsatz kommt. Durch die Art und Weise des Drucks verringert sich die Qualität, je mehr Drucke man erstellt. Speziell im künstlerischen Bereich ist aber nicht die Menge ausschlaggebend. Eine überschaubare Zahl an Kopien, die zuweilen sogar nummeriert oder vom Künstler signiert sind, können einen erheblichen Wert aufweisen und werden von Kunstkennern gesammelt. Die Tatsache, dass nicht nur die Zeichnung, sondern häufig auch der Druck vom Künstler selbst vorgenommen wird, steigert zudem den Wert.
Einen echten Lithografiedruck erkennt man häufig daran, dass die Steinkante, die im Gegensatz zur flachen Oberfläche nicht plan geschliffen ist, Spuren in Form einer Blindprägung im Papier hinterlässt.
Zu den bekannten Lithografen, die nicht nur die Steinzeichnung, sondern auch den Druck vorgenommen haben, zählen Auguste Renoir, Emil Nolde und Käthe Kollwitz.
Bildquellen: Pixabay, Shutterstock