Kundenorientierung

Ging es nicht schon immer um Kundenorientierung? Theoretisch schon, aber die alte Gleichung von Kunde und König zielte darauf ab, in ergebener Manier die Wünsche des Kunden zu erfüllen. Das reicht heute nicht mehr. Denn erstens hat dieses monarchische Prinzip ausgedient (Stichwort: sich auf Augenhöhe begegnen). Zweitens muss ein Unternehmer die Bedürfnisse des Kunden inzwischen bereits kennen, bevor dieser sie formuliert. Das gelingt nur, wenn der Kunde im Mittelpunkt des gesamten unternehmerischen Handelns steht.

Inhalt

Kundenorientierung oder Customer Centricity?

Im Prinzip gibt der Begriff Kundenorientierung die gesamte Ausrichtung vor: Das Unternehmen stellt nicht das Produkt oder die Dienstleistung in den Fokus, sondern den Kunden. An ihm orientieren sich alle Aktivitäten. Zumindest in der Theorie, denn in der Praxis drängen trotz all propagierter Kundenorientierung oft andere Ziele wie Umsatzsteigerung oder Wachstum in den Vordergrund.

Customer Centricity bedeutet übersetzt Kundenzentrierung oder eben Kundenorientierung. Im Grunde meint es dasselbe, drückt als importiertes Schlagwort jedoch gleichzeitig eine radikale Umsetzung dieses Konzepts aus. Die Kundenorientierung ist dabei nicht nur eine Marketingstrategie, sondern eine Philosophie, die vom gesamten Unternehmen gelebt wird.

Kundenorientierung als Firmenphilosophie

Natürlich stellt heute jedes Unternehmen den Kunden in den Mittelpunkt – mehr oder weniger vordergründig. Denn die heutigen Verbraucher sind informierter denn je und stellen entsprechend hohe Ansprüche sowie Erwartungen. In den meisten Branchen können sie jederzeit auf einen Mitbewerber zurückgreifen. Um die Kunden langfristig für sich zu gewinnen, muss man sie direkt ansprechen und ihnen passende, unverwechselbare Angebote machen. Die Klientel will sich verstanden und gut aufgehoben fühlen.

Doch viele Unternehmen gehen die Customer Centricity nur halbherzig an, was letztendlich die Klientel auch so wahrnimmt – und irgendwann wegbleibt. Echte Kundenorientierung ist keine bloße Marketingstrategie. Das gesamte Unternehmen wird am Kundennutzen ausgerichtet. Dieser muss vor allem überhaupt vorhanden sein, immer wieder neu überdacht, in allen Abteilungen implementiert und nach außen kommuniziert werden. „Was hat der Kunde davon?“ ist die zentrale Frage, an der sich alle Maßnahmen messen müssen.

„Was hat der Kunde davon?“

Die Entwicklung eines neuen Produkts beispielsweise sollte sich nicht am Machbaren, sondern an den tatsächlichen Bedürfnissen der Kunden orientieren. Jede neue Dienstleistung muss im wahrsten Sinne des Wortes Dienst am Kunden leisten. Eine Neuerung, die keine Verbesserung des Kundennutzens mit sich bringt, ist wertlos.

Alle Mitarbeiter eines Unternehmens müssen sich deshalb nicht nur auf den Kundennutzen fixieren, sondern laufend auf den neuesten Stand gebracht und aufgefordert werden, eigene Ideen einzubringen. Oft liefern Kollegen, die nah am Kunden dran sind,  entscheidende Impulse für neue Produkte und Dienstleistungen im Sinne der Kundenorientierung.

Orientieren Sie sich für Produktneuheiten und Änderungen Ihrer Diensleistungen an den tatsächlichen Bedürfnissen der Kunden

Vorteile für das Unternehmen

Die unbedingte Konzentration auf den Kunden erweckt bei Laien den Eindruck, die Customer-Centricity-Unternehmen würden nicht gewinnorientiert arbeiten. Das Gegenteil ist der Fall, denn eine kundenorientierte Ausrichtung ist für manche, zumeist kleinere Firmen die einzige Chance, im Wettbewerb zu bestehen.

Drei Ausrichtungen

Grundsätzlich sind drei Ausrichtungen für ein Unternehmen möglich: kunden-, preis- oder produktorientiert.

Preisorientierung

Kundenorientierung_PreisDiese Strategie können sich keine kleineren oder mittleren Unternehmen leisten, weshalb sie überwiegend Konzerne beziehungsweise deren Teilbereiche verfolgen. Argumentiert wird ausschließlich über den Preis – und das in hart umkämpften Märkten. Die Schnäppchen-Angebote werden über Mischkalkulationen, günstige (Knebel-)Verträge mit Lieferanten, mindere Qualität oder mangelnden Service finanziert. Die Kundenfluktuation ist entsprechend hoch, wobei sich Verluste in der Regel durch eine kontinuierliche Gewinnung von Neukunden ausgleichen lässt.

Produktorientierung

Bei dieser Ausrichtung setzen die Unternehmen auf Produkte, die die Konkurrenz nicht oder zumindest nicht in dieser Form bietet. Da diese aber bekanntlich nicht schläft, ist es nur eine Frage der Zeit, bis ein ebenbürtiges Produkt auf den Markt kommt. Haben sich kleinere Firmen zu lange auf dieses Alleinstellungsmerkmal verlassen, können sie auf den Vorstoß eines Mitbewerbers oft nicht schnell genug reagieren.

Kundenorientierung

Erhebt ein Unternehmen hingegen die Kundenorientierung zur Maxime, kennt es seine Klientel und deren Bedürfnisse sehr genau. Das bietet zwei entscheidende Vorteile gegenüber den beiden anderen Strategien: Alleinstellungsmerkmal ist hier der überragende Service, der nicht ohne weiteres kopiert werden kann, da er auf persönlichen Kundenbeziehungen basiert. Durch diese wiederum erfährt das Unternehmen frühzeitig von Änderungen im Verhalten von Kunden und neuen Trends, so dass es den Service rechtzeitig anpassen kann.

PROFITIERT DER KUNDE,
PROFITIERT AUCH DAS UNTERNEHMEN.

Auf diese Weise erneuert ein kundenorientiertes Unternehmen kontinuierlich den Kundennutzen und stärkt dadurch die Kundenbindung. Dies schlägt sich positiv in den Geschäftszahlen nieder, denn zufriedene Kunden kommen nicht nur immer wieder, sondern bringen durch Empfehlungen sogar weitere Kunden mit. Profitiert der Kunde, profitiert also letztlich auch das Unternehmen.

Eine gute Kundenbindung kann das Empfehlungsmarketing in Gang setzen

Customer Centricity implementieren

Sie haben auch bislang schon immer im Sinne des Kunden gearbeitet oder meinten, es zu tun? Aber irgendwie fehlt das letzte Quentchen, um sich wirklich rundum kundenorientiert zu fühlen? Könnte der Erfolg Ihrer Maßnahmen größer ausfallen? Am besten gehen Sie systematisch vor, um Customer Centricity in Ihrem Unternehmen auf- oder auszubauen.

Analyse von Kundenverhalten und -wünschen

Zielsetzung Employer Branding

Als ersten Schritt sollten Sie Ihre Kunden verorten: Wer genau sind Ihre Kunden? Je enger Sie den Personenkreis einengen können, desto genauer lassen sich passende Produkte einführen und Dienstleistungen schaffen.

Was wollen diese Kunden beziehungsweise was sind die Wünsche, Bedürfnisse und Erwartungen? Diese Frage ist wesentlich komplexer als es auf den ersten Blick scheint. Es geht nicht nur darum, nach welchen Produkten und Dienstleistungen diese Personen suchen, sondern auch darum zu erkennen, was sie eigentlich benötigen. Eventuell brauchen sie ein bestimmtes Angebot, das es noch gar nicht auf dem Markt gibt. Das ist Ihre Chance, eine Nische zu besetzen und sich ein Alleinstellungsmerkmal zu sichern.

Wie verhalten sich diese Kunden? Dazu werten Sie Ihre eigenen Kundendaten aus: Wann planen sie im Normalfall eine Neuanschaffung? Welche Altersgruppe bevorzugt welches Angebot und zu welchem Zeitpunkt? Nutzen Sie Ihren vorhandenen Datenberg (Big Data) und hilfreiche Ergebnisse aus der Marktforschung.

Mit den gesammelten Informationen ist es Ihnen möglich, Ihren Kunden zur richtigen Zeit das richtige Produkt beziehungsweise die richtige Dienstleistung anzubieten.

Konkurrenz beobachten

Kundenorientierung_Konkurrenz_beobachten

Verbraucher bekommen heute ein schier unendliches Angebot, über das sie sich nur mit ein paar Mausklicks informieren können. Wer im Wettbewerb bestehen will, muss besser als der Rest sein oder sich durch ein Alleinstellungsmerkmal positionieren. Dazu ist es wichtig zu beobachten, mit welchen Angeboten die Mitbewerber um Kunden kämpfen und diese auch gewinnen.

Welche Aspekte sind bei Ihnen besser? Was könnten Sie an Ihrem Angebot verändern, um die Zielgruppe passgenauer zu bedienen als Ihre Mitbewerber?

Kundenorientierung verankern

Holen Sie Ihre Mitarbeiter mit ins Boot. Alle sollen Vorschläge einbringen, wie sich das Angebot noch kundenfreundlicher gestalten lässt und wie die einzelnen Abteilungen ihren Beitrag dazu leisten können. Die Customer Centricity in Ihrem Unternehmen zu verankern, kann einige Zeit in Anspruch nehmen. Betrachten Sie die Implementierung als Prozess. Klären Sie die Zuständigkeiten und richten Sie einen Jour fixe ein, um die Kundenorientierung Ihres Unternehmens regelmäßig zu überprüfen (Erfolgskontrolle, Monitoring).

Persönlicher Umgang
und exzellenter Service
sind ein absolutes Muss.

Schulen Sie Ihre Mitarbeiter falls nötig in puncto Kundenkontakt und Kundenbindung. Ein persönlicher Umgang und exzellenter Service sind ein absolutes Muss, dazu ein hervorragendes Beschwerdemanagement, wenn trotz aller Bemühungen Unzufriedenheit entsteht. Da dies bereits alles selbstverständlich ist, sollten Sie Ihren Kunden noch etwas Besonderes bieten wie beispielsweise ein aufregendes Einkaufserlebnis (Customer Experience) oder eine unvergleichliche Wohlfühlatmosphäre.

Selbst für kundenorientierte Unternehmen sind nicht alle Kunden gleich. Ermitteln Sie mit den oben genannten Daten, welche Kunden Ihrem Unternehmen einen besonders hohen Deckungsbeitrag bescheren (Kundenwert, Customer Lifetime Value). Diesen wertvollen Kunden sollten auch ebensolche Angebote gemacht werden.

Notwendige Änderungen im Unternehmen wie Einsparungen sollten möglichst kundenfreundlich gestaltet werden.

Kundenorientierung zum Schein

Manche Neuerung wird dem Kunden als weiterer Service verkauft, obwohl sich dahinter eine Kostenersparnis zum Vorteil des Unternehmens verbirgt. Ein Marketingtrick, der so alt wie durchschaubar ist, wie folgendes Beispiel zeigt:

Um Personal einzusparen, werden in großen Supermärkten und bestimmten Möbelhäusern Selbstbedienungskassen eingeführt. Dort scannt der Kunde selbst seine Artikel und soll sich über diese hinzugewonnene Freiheit freuen. In Wirklichkeit handelt es sich um das glatte Gegenteil: eine Serviceleistung fällt weg. Denkt der Kunde ernsthaft darüber nach, muss er sich verschaukelt fühlen.

Ein strikt kundenorientiertes Unternehmen prüft deshalb, ob nicht an anderer Stelle wie dem Einkauf gespart werden kann. Ist eine Einsparung im Kundenbereich trotzdem unumgänglich, gibt es zwei Möglichkeiten: Das Unternehmen mutet dem Kunden den Wegfall einer Serviceleistung zu und kommuniziert dies ehrlich als das, was es ist, nämlich eine notwendige Einsparung. Oder am Service wird nicht gespart, stattdessen steigt der Preis. Auch das muss offen kommuniziert werden, und führt in der Regel nicht zum Kundenverlust.

Kundenorientierung messen

Die Kundenorientierung selbst lässt sich nicht in Zahlen fassen, wohl aber die Bereiche, die eng damit zusammenhängen. Sie geben Aufschluss darüber, wie stark die Customer Centricity in Ihrem Unternehmen wirkt.

Customer Lifetime Value (CLV)

Dies meint den Deckungsbeitrag, den ein Kunde über die Jahre einbringen wird. Ermitteln lässt sich dieser, indem man die Ausgaben für den Kunden, zum Beispiel erhöhten Personaleinsatz, dem bereits getätigten und noch zu erwartenden Umsatz durch diesen Kunden gegenüberstellt. Je höher dieser Betrag ausfällt, desto besser greift theoretisch die Kundenorientierung. Denn ein höherer CLV ergibt sich bei langfristigen Kundenbeziehungen und durch die gezielte Ausschöpfung besonders zielgruppenrelevanter Angebote. Beides lässt sich auf eine erfolgreich implementierte Customer Centricity zurückführen.

Kundenzufriedenheit

Fällt diese besonders hoch aus, wurde im Hinblick auf die Kundenorientierung einiges richtig gemacht. Die Kundenzufriedenheit lässt sich aus den Wiederbeauftragungszahlen oder durch Kundenumfragen ermitteln. Die Ergebnisse der Befragungen können wiederum dazu beitragen, die Kundenorientierung noch weiter zu verbessern. Sie können in den Umfragen zum Beispiel direkt oder indirekt die Wünsche und Erwartungen der Kunden abfragen.

Net Promoter Score (NPS)

Mit dieser Kennzahl lässt sich die Kundenzufriedenheit ermitteln. Der Kunde soll nach erfolgtem Abschluss angeben, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass er das betreffende Unternehmen weiter empfiehlt. Der NPS gibt jedoch keinen Aufschluss über die Gründe der dadurch ermittelten Empfehlungsbereitschaft.

 

Quellen

Bilder: Den Rise, Illerlok xolms, garagestock, Jirsak, mantinov, Gajus (via Shutterstock); Gerd Altmann, Manfred Antranias Zimmer (via Pixabay); Lukas (via Pexels)