Im Mai 2018 ging ein Raunen durch Europa: Die EU-Datenschutzgrundverordnung, kurz DSGVO, wurde erlassen. Im Fokus stehen die Daten oder besser gesagt: deren Schutz. Das brachte nicht nur Groß- und Kleinunternehmer ins Schwitzen, sondern auch Fotografen, die von dieser Regelung besonders betroffen sind. Fotos enthalten nämlich nicht nur schützenswerte Pixel, sondern auch jede Menge Metadaten in Form von Zusatzinformationen und personenbezogenen Daten, die erhoben, verarbeitet und gespeichert werden.

Mehr als ein Jahr nach Umsetzung der DSGVO sorgt das Gesetz bei vielen Fotografen noch immer für Verwirrung und Missverständnisse. Wir haben mit dem Autor und Experten für Bildrechtemanagement und Fotorecht, Christian Eggers gesprochen und nachgefragt, worauf man beim Fotografieren von Personen jetzt genau achten sollte. Als Bildredakteur, Dozent und zertifizierte Fachkraft für Datenschutz kennt er sich nicht nur in der Theorie gut aus, sondern kann aus seiner langjährigen Erfahrung praxisnah berichten.

Teil 1: Fotografie nach DSGVO: Was darf man noch fotografieren?

Teil 2: Was die DSGVO für Auftragsarbeiten, Streetfotografen und Blogger bedeutet

Onlineprinters-Magazin: Herr Eggers, welches Fazit kann man nach einem Jahr DSGVO ziehen?

Christian Eggers: Es besteht eine große Rechtsunsicherheit, die manchmal zu übertriebenen Selbstbeschränkungen führt. Viele Fragen sind nicht geklärt und Juristen sowie Datenschutzbeauftragte schätzen die Rechtslage unterschiedlich ein. Schwierig ist es beispielsweise die Langzeitarchivierung von Personenfotos auf eine sichere Rechtsgrundlage zu stützen. Hinzu kommen die Belastungen durch eine Reihe von Pflichten, die einen bisher nicht bekannten bürokratischen und nicht zuletzt finanziellen Aufwand mit sich bringen.

Onlineprinters-Magazin: Das klingt doch sehr entmutigend…

Christian Eggers: Häufig höre ich von Fotografinnen und Fotografen, dass sie am liebsten alles hinschmeißen würden. Ich glaube, es braucht einfach auch eine Gewöhnung an die nun leider sehr komplexen Regelungen und Pflichten bei der Personenfotografie. Waren die einen übervorsichtig, haben andere wiederum gehofft, dass Abwarten die Probleme löst. Mittlerweile haben sich aber auch kleinere Fotografenbetriebe mit der Umsetzung der DSGVO beschäftigt und praktikable Lösungen für sich gefunden.

Onlineprinters-Magazin: Und welche genau wären das? Haben Sie ein Beispiel?

Christian Eggers: Sinnvoll ist es, wenn Fotografen mit Auftraggebern verbindlich besprechen, wer eigentlich welche datenschutzrechtlichen Pflichten bei einer Produktion erfüllt. Ganz furchtbar finde ich es, wenn Auftraggeber den Fotografen dazu verdonnern, umfangreiche und wirre Einwilligungen einzuholen und dann lassen sie den Fotografen mit einem riesigen Packen Papier in der Fototasche auf eine Veranstaltung los. Das gibt keine guten Fotos.

„Das enge Korsett der Einwilligung ist nicht immer die kluge Wahl.“

Es sollte eigentlich schon im Vorfeld eines „Jobs“ überlegt werden, was denn mit den Fotos geschehen soll. Dementsprechend sind die notwendigen Erlaubnisse zu prüfen. Manche Fotografen machen es sich zu schwer, weil sie glauben, dass die Einwilligung immer das Mittel der Wahl ist. Es gibt aber drei Rechtsgrundlagen, die jede für sich ihre Anwendungsbereiche haben. Das enge Korsett der Einwilligung mit der jederzeitigen Widerrufsmöglichkeit ist nicht immer die kluge Wahl. Fotografen sollten sich überlegen, ob sie bei teuren Produktionen nicht lieber mit einem Model-Vertrag gegen Vergütung arbeiten wollen und ob sie Veranstaltungen, auf denen damit gerechnet werden muss, dass fotografiert wird, auf der Rechtsgrundlage ihrer berechtigten Interessen fotografieren.

Onlineprinters-Magazin: Warum genau ist die Sachlage eigentlich so schwierig?

Christian Eggers: Das Verhältnis von „Recht am Bild“ und DSGVO ist nicht eindeutig geklärt. Zur Einführung der DSGVO gab es missverständliche Stellungnahmen von den zuständigen Behörden. Jedes Bundesland hat eigene Datenschutzaufsichtsbehörden, welche die Gesetzeslage unterschiedlich einschätzen. Zudem ist vom Gesetzgeber bisher nicht klar geregelt, inwieweit das Kunsturheberrechtsgesetz in der Personenfotografie weiter gültig ist.

Kunsturheberrechtsgesetz

Vor der DSGVO regelte das Kunsturheberrechtsgesetz (KUG), ob und wann Personenfotos veröffentlicht werden dürfen. Im Gegensatz zur neuen Verordnung bezieht sich das KUG ausschließlich auf das Veröffentlichen von Personenfotos. Die DSGVO setzt bereits bei dem Vorgang des Fotografierens einer Person an. Der Druck auf den Kameraauslöser stellt eine Datenverarbeitung im Sinne der DSGVO dar und diese bedarf eine Rechtsgrundlage (Einwilligung, Vertrag oder „Interessen“). So durchzieht die DSGVO den gesamten Prozess einer Fotoproduktion bis hin zur Langzeitarchivierung.

Vor Mai 2018 war es grundsätzlich möglich, eine Person, ohne eine Rechtsgrundlage für einen unbestimmten Zweck zu fotografieren. Dies ist nach der DSGVO ausgeschlossen. Bisher ist vom Gesetzgeber nicht geregelt, inwieweit das KUG noch anwendbar ist. Nach Ansicht der Datenschutzbehörden der Länder findet das KUG im Allgemeinen aber keine Anwendung mehr. Ausnahmen gelten nur im journalistischen und privaten Bereich sowie bei der Veröffentlichung der Fotos von verstorbenen Personen, beispielsweise in einem Nachruf.

Onlineprinters-Magazin: Was genau hat sich durch die DSGVO für Fotografen geändert?

Christian Eggers: Wenn Personen erkennbar fotografiert werden, muss zur Anfertigung und der jeweilig geplanten Bildnutzung eine Rechtsgrundlage, auch Erlaubnis genannt, nach DSGVO vorliegen. Die Erlaubnis kann in Form einer Einwilligung, eines Model-Vertrags oder eines „berechtigten Interesses“ bestehen. Bei Aufträgen, die in der Verantwortlichkeit einer Behörde oder einer sonstigen öffentlichen Stelle liegen, kann neben der Einwilligung oder dem Vertrag auch ein „öffentliches Interesse“ als Erlaubnis für Fotoaufnahmen von Personen bestehen.

„Zur Anfertigung und Bildnutzung muss
nach DSGVO eine Rechtsgrundlage vorliegen.“

Also, es bedarf zur Anfertigung und Nutzung von Personenfotos entweder einer Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 a DSGVO, eines Model-Vertrages nach Art. 6 Abs. 1 b DSGVO oder eines „berechtigten Interesses“ nach Art. 6 Abs. 1 f DSGVO. Eine öffentliche Stelle, kann sich bei der Öffentlichkeitsarbeit auf ein „öffentliches Interesse“ nach Art. 6 Abs. 1 e DSGVO berufen. Zusätzlich bringt die DSGVO umfangreiche Nachweis-, Dokumentations- und Informationspflichten mit sich.

Onlineprinters-Magazin: Reicht es, wenn ich eine Person frage, ob ich sie fotografieren darf?

Christian Eggers: Nicht ganz. Bei einer Erlaubnis durch Einwilligung muss die fotografierte Person vor dem Auslösen über den Zweck der Aufnahme informiert werden und ausdrücklich zustimmen. Soll das Foto anschließend veröffentlicht werden, muss der Fotografierte das schon vor der Datenverarbeitung wissen. Denn eine Einwilligung muss immer zweckgebunden erfolgen.

Anders ist es, wenn ein Foto mit Einwilligung für einen bestimmten Verwendungszweck angefertigt wurde, wie etwa für die Veröffentlichung auf der Website. Soll das Foto dann anschließend auch auf Twitter veröffentlicht werden, kann eine zusätzliche Einwilligung für den Zweck der Veröffentlichung im sozialen Netzwerk Twitter eingeholt werden – natürlich vor dem Hochladen des Bildes.

Onlineprinters-Magazin: Und wann liegt ein berechtigtes Interesse vor?

Christian Eggers: Die Erlaubnis „berechtigte Interessen“ nach Artikel 6 Abs. 1 f DSGVO besteht dann, wenn die Interessen des Fotografen die Interessen des Abzubildenden überwiegen. Es findet also eine Abwägung zwischen den Interessen statt.

„Die Erlaubnis „berechtigte Interessen“ besteht dann, wenn die Interessen des Fotografen die Interessen des Abzubildenden überwiegen.“

Ein Beispiel: Ein Unternehmen veranstaltet einen Tag der offenen Tür und möchte darüber auf ihrer Website berichten. Die berechtigten Interessen des Unternehmens zur Anfertigung und Veröffentlichung der Fotos bestehen darin, sich in der Öffentlichkeit darstellen zu wollen. Besucher wiederum haben ein Recht darauf, dass Fotos nicht in ihre Privatsphäre oder in die Sozialsphäre eingreifen. Nun müssen die Situation und jedes einzelne Foto daraufhin angeschaut werden. Ist die Übersichtsaufnahme des Besucherstroms gerechtfertigt, wäre die Nahaufnahme eines Besuchers, der sich eifrig über das Buffet hermacht, problematisch. Hier hilft dann wohl nur die Einwilligung des Besuchers.

Onlineprinters-Magazin: Müssen für ältere Aufnahmen aus der Zeit vor der DSGVO Einwilligungen schriftlich nachgeholt werden?

Christian Eggers: Grundsätzlich gilt: Immer, wenn eine erneute Handlung zur Datenverarbeitung erfolgt – also ein vorhandenes Bild Wiederverwendung findet oder zu einem neuen Zweck verwendet wird – muss diese auf Basis einer aktuell gültigen Rechtsgrundlage vorgenommen werden. Soll ein Archivbild beispielsweise für die Neuauflage eines Flyers veröffentlicht werden, muss die Rechtsgrundlage entsprechend der DSGVO überprüft werden: Liegen eine ausdrückliche Einwilligung, ein Vertrag oder „berechtigte Interessen“ vor?

Alte Einwilligungen nach dem Kunsturheberrechtsgesetz reichen in den meisten Fällen nicht aus. Denn hier fehlen die nach DSGVO nötigen Aufklärungen über die Betroffenenrechte, die Risikoaufklärungen sowie der Hinweis auf jederzeitigen Widerruf ohne die Angabe von Gründen. Demnach müssen ältere Einwilligungen ohne datenschutzrechtliche Grundsätze erneuert und aktualisiert werden, wenn ein Personenfoto erneut veröffentlicht wird.

Onlineprinters-Magazin: Wie ist die Lage, wenn ein Personenfoto verwendet wird, bei dem eine Person beispielsweise als Beiwerk oder bei einer öffentlichen Veranstaltung vor der DSGVO fotografiert wurde?

Christian Eggers: Natürlich ist es auch denkbar, dass ein Archivbild, das nach alter Rechtslage im Rahmen der Ausnahmeregelungen zum Einwilligungserfordernis des Kunsturheberrechtsgesetzes (Personen der Zeitgeschichte, als Beiwerk, von Versammlungen oder höheres Interesse der Kunst laut KUG §23) rechtmäßig genutzt wurde, erneut mit der DSGVO-Rechtsgrundlage „berechtigte Interessen“ veröffentlicht werden kann.

Im Einzelfall muss der aktuelle Veröffentlichungszusammenhang geprüft werden und in einer Rechtsgüterabwägung ermittelt werden, ob die Interessen des Fotografen oder die der abgebildeten Personen überwiegen. Hinzu kommen die Informationspflichten gegenüber den Fotografierten. Sind diese Pflichten unmöglich zu erfüllen, weil die Betroffenen beispielsweise nicht bekannt sind, kann ausnahmsweise hierauf verzichtet werden. Einfacher ist es bei Modelverträgen, die vor der DSGVO geschlossen wurden. Da müssten eventuell nur die Informationspflichten „nachgeholt“ werden.

Schon gewusst? Bereits im Rahmen des Kunsturheberrechtgesetzes nach KUG § 23 Abs. 2 gab es die Rechtsgüterabwägung. Hier wurde beispielsweise, wenn eine Person als Beiwerk fotografiert wurde, zwischen den Interessen der Bildnutzer und den Interessen der abgebildeten Person abgewogen.

Onlineprinters-Magazin: Was darf ich überhaupt noch bedenkenlos fotografieren?

Christian Eggers: Gemäß DSGVO dürfen Personen grundsätzlich erst einmal nicht fotografiert werden. Es sei denn, die abzubildende Person hat zuvor eingewilligt, durch einen Vertrag zugestimmt oder die Interessen des Fotografen überwiegen die Interessen der abzubildenden Personen. Die Fotografen müssen also im Vorfeld einer Fotoproduktion genau klären, was mit den Personenfotos passiert, wo und wofür sie genutzt werden und welche Rechtsgrundlage deren Nutzung erlaubt.

fotograf-unterwegsOnlineprinters-Magazin: Gibt es Ausnahmen oder Faustregeln?

Christian Eggers: Die DSGVO bietet durchaus rechtliche Gestaltungsräume. So muss zum Beispiel für Fotoaufnahmen zur Berichterstattung eines Events nicht zwingend die Einwilligung der einzelnen Personen eingeholt werden. Häufig gelten, zumindest für die eigentliche Anfertigung der Fotos, die „berechtigten Interessen“ des Veranstalters als Rechtsgrundlage.

Wenn einzelne Fotos des Events für rein werbliche Zwecke – zum Beispiel in einer Anzeige – veröffentlicht werden sollen, sollten sich Fotografen genau für diesen Zweck vor der Veröffentlichung eine Erlaubnis der Personen einholen. Entweder durch Einwilligung oder gegen Vergütung im Rahmen eines Modelvertrags. Vorteil des Modelvertrags: Die Personenbilder können ohne Gefahr eines jederzeitigen Widerrufs genutzt werden.

Onlineprinters-Magazin: Vergütete Models haben also nicht die Möglichkeit Ihr Einverständnis zu widerrufen?

Christian Eggers: Der Widerruf der Bildnutzung eines vergüteten Models beurteilt sich demgegenüber nach vertraglichen Regelungen und bedarf eines sogenannten wichtigen Grundes. Dieser ist gegeben, wenn das Model sich in einer Situation befindet, bei der das Festhalten an dem Vertrag zu gravierenden Nachteilen in der Lebensführung führen kann. Also, ein bezahltes Model kann nicht mal eben aus einer Laune heraus die Nutzung der Fotos rechtswirksam untersagen.

Unser Buchtipp: Anfang Juli 2019 erscheint die 2. Auflage von Christian Eggers Buchs „Quick Guide Bildrechte“, ein Ratgeber zur rechtssicheren Nutzung von Fotos, Grafiken und Videos. Hier wird das Thema DSGVO und Fotografie ausführlich behandelt und über die Nutzung von Personenfotos im Marketing sowie in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit von Unternehmen, Vereinen und Behörden aufgeklärt.

Onlineprinters-Magazin: Stichwort Datenspeicherung. Worauf muss ich als Fotograf achten, wenn ich meine Daten bei einem externen Dienstleister wie Google Drive oder Dropbox speichere bzw. übermittle?

Christian Eggers: Wird ein Cloud-Dienst zur Bereitstellung der Personenfotos in Anspruch genommen, gilt der Dienst als Empfänger der personenbezogenen Daten und ist somit auch ein Datenverarbeiter. Fotografen müssen zwingend einen Auftragsdatenverarbeitungsvertrag mit dem Anbieter abschließen. Das ist formell meist unkompliziert, denn die Dienstleister stellen diese Dokumente vorgefertigt zum Download zur Verfügung.

Die Informationen zur Auftragsdatenbearbeitung finden Sie für Google Drive und Dropbox (nur für Business Accounts) im Web.

Onlineprinters-Magazin: Haben Sie noch einen Tipp für die Datenspeicherung?

„Es lohnt sich ein Blick in das Kleingedruckte zu werfen.“

Christian Eggers: Der Fotograf sollte wissen, ob der Cloud-Dienstleister die Daten auf Servern außerhalb der Europäischen Union speichern will. Es muss sichergestellt sein, dass an Standorten außerhalb der EU ein vergleichbares Datenschutzniveau wie in der EU besteht.

Außerdem lohnt sich ein Blick in das Kleingedruckte der Speicherplatzanbieter. Achten Sie darauf, in welchem Umfang Nutzungsrechte an den hochgeladenen Fotos eingeräumt werden. Vorsicht: Alles was über das Recht zum Kopieren der Fotos zwecks Datensicherungen hinausgeht, ist kritisch zu betrachten.

Onlineprinters-Magazin: Welche Alternativen gibt es?

Christian Eggers: Eine Lösung wäre es, sich ein Login auf der eigenen Website einzurichten. Dort können sich die Kunden dann anmelden, um ihre Fotos herunterzuladen. Die Fotos sind dann sicher im eigenen Webspace abgelegt. Aber vergessen Sie nicht, diese Datenverarbeitung in der Datenschutzerklärung zum Besuch und zur Nutzung Ihrer Website zu vermerken. Übrigens: Auch mit dem Provider sollten Sie einen Auftragsdatenverarbeitungsvertrag schließen.

Onlineprinters-Magazin: Was passiert eigentlich bei Verstößen gegen die DSGVO? Welche Konsequenzen drohen Fotografen und Unternehmen?

Christian Eggers: Verstöße gegen den Datenschutz sind eine Ordnungswidrigkeit und können zudem strafrechtlich verfolgt werden. In der DSGVO ist unter anderem von Bußgeldern in Millionenhöhe die Rede. Existenzvernichtende Millionen-Bußgelder beispielsweise für den Inhaber eines kleinen Fotostudios sind aber unverhältnismäßig und werden daher nicht erwartet. Die Datenschutzkonferenz der Aufsichtsbehörden will demnächst ein Berechnungsmodell zur Bußgeldhöhe veröffentlichen.

Onlineprinters-Magazin: Können auch Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche auf die Fotografen zukommen?

Christian Eggers: Auch das ist möglich. Vor der DSGVO haben die Gerichte Schmerzensgeldansprüche, die über symbolische Beträge hinausgingen, nur bei sehr schwerwiegenden Persönlichkeitsverletzungen gelten lassen. Das könnte sich mit zukünftiger Rechtsprechung ändern.

Onlineprinters-Magazin: Die befürchtete Abmahnwelle ist bislang ja ausgeblieben; die kann demnach aber noch kommen?

Christian Eggers: Das ist wegen der widersprüchlichen Entscheidungen der Gerichte zur wettbewerbsrechtlichen Abmahnfähigkeit von Verstößen gegen die DSGVO wohl zum Glück nicht zu befürchten. Derzeit gibt es Bestrebungen, die wettbewerbsrechtliche Abmahnung von Verstößen gegen die DSGVO gesetzlich ganz auszuschließen.

Ein Beispiel: Krankenhaus A stellt auf der Website zur Öffentlichkeitsarbeit einfach jedes Neugeborene als Beweis für glückliche Geburten ein. Krankenhaus B steht in Konkurrenz mit Krankenhaus A, holt die hier notwendigen Einwilligungen ein und zeigt deshalb eben nur wenige Fotos. Klar ist, dass Krankenhaus A hier durch Nichteinhaltung der DSGVO Vorteile im Wettbewerb erlangt. Würde das Gesetzesvorhaben durchkommen, wäre es ausgeschlossen, dass Krankenhaus B das Krankenhaus A wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO abmahnen kann. Das wäre kein gerechtes Ergebnis, denn die Abmahnung wäre hier nicht missbräuchlich im Sinne einer „Abzocke“.

Onlineprinters-Magazin: Herzlichen Dank, Herr Eggers, für das Interview.

© ZBIW an der TU Köln

Unser Experte:

Christian W. Eggers ist Bildredakteur, freiberuflicher Dozent für Fortbildungen im Bildrechtemanagement und Fotorecht sowie zertifizierte Fachkraft für Datenschutz. Er leitet regelmäßig Bildrechteseminare zur Mitarbeiterschulung und ist unter anderem als Dozent für den Digitalverband Bitkom sowie an der Fachhochschule Kiel im Fachbereich Medien tätig. Außerdem ist er als Autor tätig und veröffentlicht im Juli 2019 die 2. Auflage seines Buches „Quick Guide Bildrechte“.

Hinweis: Unser Web-Angebot dient lediglich dem unverbindlichen Informationszweck und stellt keine Rechtsberatung im eigentlichen Sinne dar. Bitte kontaktieren Sie für konkrete Fragen einen Anwalt oder Rechtsbeistand.

Quellen: https://www.gesetze-im-internet.de/kunsturhg/BJNR000070907.html, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32016R0679&from=DE

Bildquellen: Christian W. Eggers, https://nordbild.com/, ZBIW an der TU Köln, Springer Gabler Verlag; marco martins, photoschmidt, Gonzalo Aragon, Andrii Yalanskyi, ESB Professional via Shutterstock, Carolline De Souza via pexels; pexels via pixabay